Festplatte und USB-Stick ade: Glaubt man IT- Experten, dann werden wir unsere Daten bald nicht mehr auf den eigenen Geräten abrufen und speichern, sondern sie auf Servern von externen Anbietern ablegen. Wir werden auch keine Software mehr kaufen oder installieren, sondern uns in der Wolke („Cloud“) heraussuchen, was wir gerade brauchen. Schon in wenigen Jahren könnte auch der Arbeitsalltag von Milliarden von Menschen ein völlig anderer sein. Giganten wie Amazon, Microsoft und IBM sind darauf längst vorbereitet. Aber auch kleine IT-Unternehmen haben gute Chancen, sich mit ihren Dienstleistungen rund um die Wolke am Markt zu positionieren. Wie, das zeigt das Beispiel von Scopevisio aus Bonn.

Das Unternehmen verspricht nicht weniger als eine Revolution unserer Arbeitswelt. Seit 2007 entwickelt man hier eine Cloud-Unternehmenssoftware für mittelständische Unternehmen, die Vertrieb, Projekte, Abrechnung, Buchhaltung, Controlling, E-Commerce und vieles mehr umfasst. Sie soll ein Instrument sein, das den Benutzer in die Lage versetzt, seine Daten zentral abzuspeichern und aus der Cloud abzurufen – egal wo er sich gerade befindet und mit welchem Gerät er arbeitet. Der Vorteil: Die Kunden sparen sich die hohen Investitionen für Speicher, Software und Server, für Kühlung, Firewall und Support. „Wir erledigen für unsere Kunden alles, sie selbst müssen sich lediglich um die Endgeräte und den Zugang zum Internet kümmern“, verspricht Alexander Pohl, Partner beim Scopevisio-Vorstand. Die Gesamtkosten könnten so gegenüber klassischen Client-Server-Unternehmensanwendungen um bis zu 90 Prozent reduziert werden. „Cloud-Anwendungen sind im Vergleich zu heutigen Client-Server-Systemen wie das Abstreifen einer Zwangsjacke“, sagt Vorstandsmitglied Stephan Müller und schwärmt: „Die Businessanwendung löst sich aus der Enge und Dunkelheit der geschlossenen kleinen Unternehmenswelt, und es öffnet sich eine ungeahnt helle Welt des Wissens, der Offenheit und der Möglichkeiten.“

Solche Aussagen zeugen von Selbstbewusstsein und Stolz. Tatsächlich wird die Softwareschmiede vom Rhein regelmäßig mit Preisen ausgezeichnet. Im Jahr 2013 erhielt ihre Cloud-Unternehmenssoftware die Auszeichnungen „Innovationspreis“ sowie „KMU- Sonderpreis“ für die beste Anwendung für mittelständische Unternehmen beim Wettbewerb des „Center for Enterprise Research“ der Universität Potsdam.

Scopevisio vergleicht sich gern mit einem Versorgungsunternehmen für Strom oder Wasser. Dementsprechend bezahlt der Kunde nur, was er auch an Unternehmenssoftware nutzt. Aus der IP-Steckdose, über WLAN oder eine SIM-Karte ruft er seine komplette Anwendungssuite, also die für ihn passende Softwareplattform, aus der Cloud ab. Scopevisio zufolge zählt man derzeit mehr als 700 Kunden, Tendenz steigend. Künftig wollen die Bonner auch großen Unternehmen Angebote machen können – an einer entsprechenden Software wird bereits gearbeitet. Wie sich das Geschäftsfeld entwickeln wird, dazu wagt Mitgründer Jörg Haas schon jetzt einen mutigen Vergleich: „Das Arbeiten in der Cloud wird so selbstverständlich werden wie der Bezug von Strom aus der Steckdose.“

Alte Hasen

Im Jahr 2007 gründete Jörg Haas gemeinsam mit seinen Partnern Rüdiger Wilbert, Alexander Pohl, Michael Rosbach, Stephan Müller und Markus Cramer Scopevisio. Das Unternehmen entwickelt eine rein Cloud-basierte betriebswirtschaftliche Software, angefangen mit Finanzbuchhaltung, über CRM- Systeme und Buchhaltungsservice. Die „Gründungsväter“ Haas und Wilbert sind alte Hasen im Geschäft. Bereits als Studenten entwickelten sie eine integrierte Krankenhaussoftware für den administrativen und medizinischen Bereich. Innerhalb von 15 Jahren führten Haas und Wilbert, zusammen mit den damaligen Vorständen und heutigen Partnern, ihre GWI AG in die Top 5 der Hersteller deutscher Standardsoftware. 2005 verkauften sie ihre Anteile an den belgischen Konzern Agfa-Gevaert und investierten von dem Gewinn rund 30 Millionen Euro in die weitergreifende Idee und Entwicklung von Scopevisio. 

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