„Die Fans sind die coolste Zielgruppe, die es gibt“, freut sich Oliver Poppelbaum vom Hamburger SV, denn in seinem Job steht diese Gruppe im Mittelpunkt. Wenn er fertig ist, wird aus dem 1887 gegründeten Club eine digitale Unterhaltungs- und Vermarktungsmaschine, die den Fußballfan in seiner Leidenschaft auf allen Kanälen erreicht.

Poppelbaums Tun und Handeln dient seit seinem Einstieg nur dem einen Zweck: das klassische, erfolgreiche Sponsoring durch zielgruppenbasiertes Marketing zu erweitern. Glaubt man Poppelbaum, liegt gerade in dieser Kombination die Zukunft des Sportmarketings. Kerngedanke der digitalen Transformations-Maßnahmen ist es, Daten über die Interessen der Fans  zu sammeln und diese für eine möglichst relevante Kommunikation zu verwenden. Auf diesem Weg will sich der Verein auch neue Erlösquellen erschließen. 

Dreh- und Angelpunkt der neuen Digital-Strategie ist eine Zusammenführung verschiedener digitaler Kanäle der Kundenansprache. Bis vor kurzem hatten die Fans des HSV noch bis zu fünf verschiedene Log-ins, um die Angebote des Vereins zu nutzen. Beispielsweise für den Ticketshop, um Fan-Artikel zu bestellen oder zur Registrierung in der Fußball-Schule. „Ein Albtraum für intelligente Kommunikation“, sagt Poppelbaum. Seine Idee: Jeder Fan bekommt eine unique HSV-ID. Damit können die Fans alle Produkte des HSV in einem Warenkorb sammeln und mit der hinterlegten Payment-Methode bezahlen, ohne sich ständig neu anzumelden. Die alten Log-ins wurden abgeschaltet. Poppelbaum: „Dieser radikale Schritt war die einzige Möglichkeit, die neue Strategie zum Erfolg zu führen.” 

Nachdem die erste Hürde geschafft war, mussten sich die Marketing-Verantwortlichen beim HSV daran machen, die bestehenden Kundendaten zusammenzubringen und zu bereinigen. Von den etwa 570.000 Datensätzen aus 14 verschiedenen Datenbanken blieben nach der Konsolidierung etwa 300.000 übrig. „Diese aber picobello gepflegt und so aufbereitet, dass mit ihnen gearbeitet werden kann“, sagt Poppelbaum. 

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Das ist genau das, was die Fans wollen.

Über die HSV-ID kann jetzt jeder Website-Besuch genau analysiert werden: Was haben sich die Nutzer zuletzt angesehen, wo liegen ihre Interessen? Auf all das kann nun eingegangen werden. Per Machine Learning wird die Website automatisch mit Inhalten gefüllt, die den Fan besonders interessieren und ihm entsprechende Angebote angezeigt. Diese gezielte Ansprache wird in den Social-Media-Kanälen des Vereins und über E-Mail-Newsletter fortgesetzt. Poppelbaum sagt: „Daten und Digitalisierung sind die Treiber des modernen Sportmarketings. Die zielgerichteten Angebote zeigen dem Fan, dass der Verein ihn verstanden hat.” 

Der HSV und Poppelbaum haben sich noch viel vorgenommen. Der Relaunch der Website und die Einführung der HSV-ID waren erst der Anfang. Auf der Agenda der digitalen Transformation des Fußballclubs steht unter anderem der Ausbau der mobilen App. Poppelbaum: „Bei allen Maßnahmen steht aber immer der Fan im Mittelpunkt. Wir wollen ihm intelligente Angebote bieten und Mehrwerte schaffen. So profitieren idealerweise alle davon – die Fans und der Club.“ 

Auch WLAN soll demnächst flächendeckend im gesamten Stadion zur Verfügung stehen. Zudem soll das Angebot auf der Website nach und nach mit weiteren Inhalten ausgebaut werden. Und für die Zukunft kann sich Poppelbaum noch mehr Szenarien vorstellen. Denkbar wäre beispielsweise ein Pick-up-Service, bei dem die per App vorbestellten und bezahlten Getränke zum Sitzplatz geliefert werden. Oder den Fans wird ein kompletter Internetzugang inklusive Livestream der Pressekonferenz angeboten. Nach und nach wird der HSV so zum digitalen Entertainer. 

Poppelbaum sagt aber auch: „Die werbliche Präsenz im Stadion ist und bleibt wichtig. Und auch die Bande hat ihren festen Bestand.  Aber diese Möglichkeiten in Verbindung mit Daten, Inhalten und intelligenter Zielgruppen-Kommunikation vor, nach und während des Matchdays, ist aus unserer Sicht die perfekte Kombination aus Emotionalität und Intelligenz in der werblichen Ansprache.” Der HSV-Manager ist sich sicher: „Das ist genau das, was die Fans wollen.“

Poppelbaum kommt von Havas Worldwide und hatte früher keine Berührungspunkte mit Sponsoring. Er hat aber Erfahrung darin, Daten so zu nutzen, dass sie monetarisiert werden können. Was im Online-Handel und anderen Branchen schon längst Gang und Gäbe ist, kommt nun auch im Sport an. „Modernes, datengetriebenes Targeting ist alternativlos”, sagt der HSV-Manager. Und der Fußballclub sieht sich dort als Vorreiter.

Dieser Beitrag stammt aus dem Magazin Clutch, dem Gesellschaftsmagazin für die digitale Welt, und wurde im September 2016 im Printheft (Ausgabe 1) veröffentlicht. Autorin: Stefanie Müller.