Coca-Cola, Marlboro-Zigaretten, das iPhone von Apple oder die Gewürzgurken von Kühne – es gibt Produkte und Marken, die kennt man fast überall auf der Welt. Es gibt aber auch Produkte, die es fast überall auf der Welt gibt, die niemand kennt. Oft, weil es nur Bestandteile eines Produkts sind oder Dinge, mit denen man als Verbraucher nicht in Kontakt kommt. So ist das bei vielen »Hidden Champions«, den unbekannten Weltmarktführern. Die meisten von ihnen kommen aus Deutschland – und viele aus Hamburg.

 

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Innovationen für Superjachten und Passagierschiffe
 

Während die Produkte vieler Hidden Champions häufig verborgen sind – man denke an bestimmte Enzyme in Lebensmitteln –, sieht man bei Henning Fehrmann (41) sehr gut, was sein Unternehmen produziert. Denn »Fehrmann« stellt Fenster und Türen für Superjachten her. Oder um es noch konkreter zu sagen: für die längsten Jachten der Welt.

Schiffe standen schon immer im Mittelpunkt der Unternehmenstätigkeit. 1895 gründete Nicolai Petersen Fehrmann mit seinem Sohn Eduard die Firma. Er fertigte Reparaturteile für die norddeutschen Werften an. Wenig später erweiterte er sein Angebot um druckdichte Bullaugen und Fenster für Schiffe. 122 Jahre und fünf Generationen später ist seine Firma noch immer in Familienbesitz – und beschäftigt sich mit Schiffen.

»1953 haben wir die erste Privatjacht für Aristoteles Onassis ausgestattet«, sagt Fehrmann, der das Unternehmen 2008 übernahm. Heute seien es die 100 bis 180 Meter langen Megajachten, die durchweg Sonderanfertigungen sind. »Solche Jachten sind in erster Linie Statussymbol und Spielzeug für Multimilliardäre, und wer 300 Millionen Dollar dafür ausgibt, will nicht, dass die Jacht des Nachbarn genauso aussieht.« Weil das Design bei diesen Schiffen also eine große Rolle spielt, werden Fenster und Türen in der Regel maßgefertigt.

Auch wenn die Inhaber solcher Superjachten Sport auf dem Meer treiben wollen, bietet Fehrmann dafür Lösungen an – vor Kurzem hat sein Unternehmen eine Privatjacht mit einem vollverglasten Yogaraum mit elektrischen Schiebetüren und einem elektrischen Schiebedach ausgestattet. »Wir sind da stark, wo es die Produkte noch nicht gibt«, sagt Henning Fehrmann. Je kleiner die Schiffe seien, desto weniger innovativ die Ausstattung, deswegen seien die großen Schiffe für ihn interessant. Oder zumindest waren sie das. Denn, so Fehrmann: »Bei den großen Jachten sehen wir mittlerweile nicht mehr so das Innovationspotenzial.« Daher konzentriere sich das Unternehmen jetzt auf Brückenfenster großer Forschungs- und Passagierschiffe. »Wir möchten Passagierschiffe so ausstatten, dass sie vor Monsterwellen geschützt und gleichzeitig viel leichter sind. Wir können bis zu 40 Tonnen einsparen – immerhin gut fünf Prozent des Gesamtgewichts –, und das bei sechsfacher Sicherheit.«

Gewicht reduzieren, darum geht es auch in dem anderen Geschäftsbereich von Fehrmann. Dieser Bereich ist allerdings etwas weniger anschaulich als die Superjachten – denn es geht um  Werkstoffe wie spezielle Aluminiumlegierungen. Solche Gussteile von Fehrmann werden zum Beispiel in Fahr zeugen, Pipelines oder als Achterbahn-Räder verwendet, weil das Material dehnbar und sehr bruchfest ist. »Wir entwickeln Hochleistungslegierungen für Gussteile und zukünftig 3-D-Drucke, die viel mehr können als normales Aluminium und die viel leichter sind«, sagt Fehrmann. Die Legierungen seiner Firma, erklärt er, seien so fest wie Stahl, wegen des Aluminiums aber bis zu zwei Drittel leichter. »Sie können sich ja vorstellen, wie viel weniger ein Fahrzeug oder eine Maschine verbraucht, wenn nur noch ein Drittel des Gewichts bewegt wird.«

Im Bereich der Aluminiumlegierungen hat Fehrmann nach eigenen Angaben weltweit einen Marktanteil von mehr als 60 Prozent, die Umsätze des Unternehmens mit seinen 40 Mitarbeitern liegen mittlerweile bei etwa fünf Millionen Euro pro Jahr. Wer einen der nächsten Abende mal in der Elbphilharmonie verbringen sollte, ist übrigens ebenfalls von Produkten des Unternehmers umgeben: Die 350 druckdichten Klappen in der Fassade stammen von ihm.

Mehr Sicherheit in der Produktion 
 

Wer dagegen nachts vor dem Pariser Eiffelturm steht, der steht auch vor den 20 000 Leuchten von Pfannenberg. Pfannenberg ist ein mittelständisches Unternehmen aus Hamburg, das 1954 von dem Industriellen Otto Pfannenberg gegründet wurde – ursprünglich als Ingenieurbüro. Heute ist es ein Elektrotechnikunternehmen mit mehr als 450 Mitarbeitern, das in den Bereichen Klimatisierung und Signaltechnologie weltweit führend ist. 

Otto Pfannenberg gelangen schnell die ersten großen Erfolge: 1958 erfand er den Filterlüfter, um Maschinen und Anlagen zu kühlen, was teure Produktionsausfälle verhindert. 1962 erfand er die elektronische Blitzleuchte, der man mittlerweile bei fast jedem industriellen Fertigungsprozess begegnet. Treten unvorhergesehene Probleme oder Gefahren während der Produktion auf, alarmiert die Leuchte alle Beteiligten mit einem Licht- und teilweise auch mit einem akustischen Signal. Mit diesen beiden Erfindungen, die Fertigungsprozesse sicherer machen und Ausfälle von Maschinen reduzieren sollten, wurde das Unternehmen sehr schnell sehr erfolgreich – und wandelte sich von einem Ingenieurbüro zu einem global agierenden Unternehmen für die Klimatisierung von Schaltschränken, Installation von Elektro-Steuerungsanlagen und optisch-akustischen Signaltechnologien mit einem Umsatz von 70 Millionen Euro im Jahr.

Seit 1995 leitet Andreas Pfannenberg, der Sohn des Gründers, das Unternehmen. Der 59-Jährige begegnet mittlerweile seiner Technik an ziemlich vielen Orten der Welt. Wenn er mit dem Auto fährt, sieht er sie im Schweizer Gotthard-Tunnel oder in den Pariser Autobahntunneln, aber auch im Londoner Wembley-Stadion oder an Flughäfen – überall dort, wo es Anzeigetafeln und Warnleuchten gibt, ist es meist auch Pfannberg’sche Technik. Denn Elektronik muss gekühlt und Menschen müssen informiert und gewarnt werden. »Unser Portfolio umfasst heute auch Rückkühlanlagen und Kühlgeräte. Die Kühlgeräte sind intelligenter und kommunikationsfähiger geworden. Ein erster großer Schritt in Richtung Industrie 4.0 und die Vernetzung von Geräten«, sagt Andreas Pfannenberg.

Der Erfolg seines Unternehmens sei aber nicht nur darin begründet, dass es in den Neunzigerjahren stark expandiert sei, sagt Pfannenberg – das Familienunternehmen ist heute in 50 Ländern tätig, Hauptabsatzmärkte sind Europa und die USA –, entscheidend sei vielmehr, dass Pfannenberg einen Großteil des Umsatzes in Forschung und Entwicklung investiere. »An den vier Fertigungsstandorten in Hamburg, China, USA und Italien betreiben wir jeweils auch eine Entwicklungsabteilung. Das macht uns beispielsweise unabhängig von Wechselkursschwankungen.«

Wie viele andere Hidden Champions legt auch Pfannenberg großen Wert auf die Entwicklung innovativer Produkte. Andreas Pfannenberg bezieht dabei die Lieferanten und Kunden seines Unternehmens mit ein. Für ihn zahlt sich die Zusammenarbeit aus – auch wenn er dabei viel von seinen betrieblichen Abläufen und Strategien preisgibt. Weil er die Digitalisierung für das Zukunftsthema von Unternehmen hält, setzt er sich nicht nur in seiner Firma für die Entwicklung digitaler Strategien ein, sondern ist auch Sprecher der »Dialogplattform Industrie 4.0« in Hamburg. Dabei bringt er Unternehmer und Politiker der Region zusammen, um über die Möglichkeiten der zukünftigen Digitalisierung von Unternehmen zu beraten.

2015 würdigte der Verband »Die Familienunternehmer« Pfannenberg zudem als »Prototyp des mittelständischen Hidden Champion« und zeichnete ihn für die Region Hamburg als »Familienunternehmer des Jahres« aus.

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