So auch das Haus der Optik in Berlin-Steglitz. Das Unternehmen erwirtschaftet einen Umsatz von gut 600.000 Euro im Jahr. Inhaberin und Augenoptikermeisterin Yvonne Schaefers verrät im wlw-Interview, wie inhabergeführte Betriebe den großen Filialisten standhalten können, warum sie auf Einkaufsgruppen verzichtet und wie sie die Bedeutung des Onlinehandels einschätzt.

Frau Schaefers, laut dem Branchenbericht des Zentralverbandes der Augenoptiker (ZVA) sind kleine und mittelgroße Augenoptikerbetriebe besser durch die Corona-Krise gekommen als die großen Filialisten. Können Sie das bestätigen?

Ja. Das hängt vermutlich mit den Öffnungszeiten zusammen. Wir hatten fast durchgehend geöffnet, während die großen Ketten teils ganz geschlossen waren oder nur zu bestimmten Zeitfenstern Kunden empfangen haben. Da sind dann auch einige ihrer Kunden zu uns abgewandert. Insofern haben wir von den Auswirkungen der Pandemie sogar profitiert.

Wie kann ein inhabergeführtes Geschäft überhaupt dauerhaft im Wettbewerb gegen die großen Filialisten bestehen? Durch günstigere Angebote vermutlich kaum …

Nein, wir sind teurer, das ist kein Geheimnis. Was uns auszeichnet, ist zunächst einmal unsere technische Ausstattung. Wir verfügen über hochwertige Geräte zum Messen des Augendrucks sowie der Transparenz der Augenlinsen. Vor Kurzem haben wir uns noch ein Gerät angeschafft, das auf ein Hundertstel Dioptrien genau die Augen vermisst. Das haben vielleicht nur noch fünf andere Optiker in Berlin im Angebot. Außerdem legen wir viel Wert auf Individualität und Beratung. Wenn unsere Kunden auf der Straße wegen ihrer neuen Brille angesprochen werden, habe ich meine Mission erfüllt.

Wo kaufen Sie denn Ihre Brillengestelle und Gläser ein?

Wir sind unabhängig und sehr individuell bei unserer Brillenauswahl. Außer Gucci und Tom Ford führen wir beispielsweise keine großen bekannten Marken mehr. Insofern schaue ich bei unseren Lieferanten ausschließlich auf das vorhandene Angebot, das zu meinen Vorstellungen von Stil und Qualität passen muss. Dafür nehme ich dann auch in Kauf, dass ich keine hohen Rabatte in Anspruch nehmen kann, weil ich eben nicht nur einen oder ein paar wenige Hersteller habe, bei denen ich massenweise einkaufe. Unsere Lieferanten sitzen alle in Deutschland oder Europa, wobei ich nicht ausschließen kann, dass einige auch Teile aus Asien importieren.

Rund die Hälfte der mittelständischen Augenoptiker sind in Einkaufsgruppen organisiert, um bessere Konditionen zu bekommen. Sie auch?

Nein, obwohl das für den einen oder anderen Optiker durchaus sinnvoll sein kann. Schließlich unterstützen die Einkaufsgruppen die Betriebe unter anderem bei Marketingmaßnahmen und in der allgemeinen Kundenkommunikation. Wäre ich dort Mitglied, würde ich vielleicht dazu neigen, bei den mit der Einkaufsgruppe kooperierenden Lieferanten zu bestellen, um ein paar Prozent zu sparen. Aber das will ich gar nicht. Ich möchte mir meine Unabhängigkeit erhalten. Zudem habe auch ich bei meinen Lieferanten ganz reizvolle Rabattstaffeln, sodass ich gar nicht genau weiß, was ich dort im Endeffekt überhaupt einsparen würde.
 


Vielleicht sind sie auch nicht gezwungen, an der Preisschraube zu drehen, da der sonst fast überall florierende Onlinehandel in der Optikerbranche weiter vergeblich auf seinen Durchbruch wartet. Ist das nur eine Frage der Zeit oder wird die Augenoptik aus ihrer Sicht immer ein stationäres Geschäft bleiben?

Ich habe ausgefahrene Antennen, was das Thema angeht. Aber in der Tat ist der reine Onlinehandel noch keine Konkurrenz. Das hängt wohl damit zusammen, dass der Brillenkauf eine komplexe Sache ist: Auswahl, Beratung, Messungen, Anpassungen und so weiter. Ob das jemals ausschließlich online abgebildet werden kann, weiß ich nicht. Aber dass sich die Kunden vorher online informieren, ist auch in unserer Branche der Fall.

Welche Rolle spielt der Onlinehandel denn bei Ihnen zum gegenwärtigen Zeitpunkt?

Die Website ist immens wichtig, da nehmen wir gerade viel Geld in die Hand, um sie auf den aktuellen Stand zu bringen. Das ist wie unser Schaufenster im Netz. Außerdem können Interessenten online Brillen anprobieren.

Der zuvor schon erwähnte Branchenbericht brachte ebenfalls ans Licht, dass potente Kapitalgeber den augenoptischen Einzelhandel verstärkt ins Visier nehmen. Haben Sie auch schon Angebote für eine Übernahme bekommen?

Ich nicht, aber ich kenne einige Kollegen, die solche Verträge unterschrieben haben. Ich würde das für mich zum jetzigen Zeitpunkt kategorisch ausschließen, da ich dann ja quasi als Angestellte in meinem eigenen Laden arbeiten würde – und ich wäre keine gute Angestellte.

Ein finaler Blick in die Zukunft: Immer mehr Leute sitzen immer länger vor Bildschirmen, das belastet die Augen. Auch altert die deutsche Bevölkerung weiter. Das sind doch paradiesische Aussichten für Optiker …

Ja, ich denke auch, dass uns das in die Karten spielen wird. Wer ein bisschen mit der Zeit geht und sein Angebot modern hält, wird trotz Onlinehandel weiter gut vom Brillenhandel leben können.

Yvonne Schaefers

 

 

Yvonne Schaefers


Inhaberin und Augenoptikermeisterin von Haus der Optik