Vertrauen und Vergleichbarkeit: So setzen sich Standards durch

Industriestandards sorgen dafür, dass Lösungen für ein möglichst breites Anwendungsspektrum nutzbar sind. Sie setzen sich flächendeckend durch und machen Anwendungen, Lösungen und Hardware plattformübergreifend nutzbar, kompatibel und vergleichbar. Und es gibt sie in nahezu allen Branchen und Bereichen, von der IT über die Lebensmittelindustrie bis zur Logistik. Anders als eine Norm werden diese Standards allerdings nicht durch ein übergeordnetes Gremium festgelegt, sondern, wie der Name schon sagt, von Unternehmen in der Industrie definiert. Daher werden sie auch De-Facto-Standards genannt. Für Firmen haben Standards ebenso viele Vorteile wie für den Verbraucher. Sie vereinfachen die Produktentwicklung und beschleunigen Innovationen. So kommen Produkte schneller auf den Markt – und werden von einer breiteren Käuferschicht angenommen.
 

Was die Verbraucher wollen

Wie aber werden Standards definiert und wie setzen sie sich gegenüber anderen durch? Um das zu klären, ist ein Rückblick in die 70er-Jahre sinnvoll. Im Jahr 1972 kamen die ersten Heimvideo-Formate in Europa auf den Markt. Federführend waren die Hersteller Philips und Grundig mit dem VCR-System. Drei Jahre später tauchte Sony mit Betamax, ein weiteres Jahr darauf JVC mit dem VHS-System auf der Bildfläche auf. Dass der Erste nicht unbedingt der Beste ist, zeigte sich schnell.

Die Pioniere warteten mit Kassettenlaufzeiten von 60 Minuten auf. VHS bot von Anfang an mindestens zwei Stunden – und traf damit den Nerv der Verbraucher. In der Folge versuchten sich die verbliebenen Marktteilnehmer gegen VHS mit immer neuen Systemen durchzusetzen, die miteinander nicht kompatibel waren. Kunden möchten jedoch keine Fülle an unübersichtlicher Hardware, sondern ein System, das funktioniert und gute Qualität zu einem annehmbaren Preis liefert. All das bot VHS – und die anderen nicht. Dazu kam, dass etwa Sony mit einer extrem strengen Lizenzpolitik arbeitete. Betamax-Geräte durfte nicht jeder produzieren und so lief die Herstellung schleppend. Anders als bei VHS: Erfinder JVC erlaubte es nahezu jedem Elektronikhersteller, die Rekorder zu produzieren. Diese waren somit ständig und günstig am Markt verfügbar.

Wie sich VHS durchsetzte, ist ein anschauliches Beispiel, das noch heute nach denselben Gesetzen funktioniert:

  • Die Wünsche der Verbraucher erfüllen
  • Funktionierende, einfache Systeme bieten
  • Verfügbarkeit garantieren
  • Marktübliche Preise bieten
     

Gutes tun und es alle wissen lassen

Dazu kommen weitere Punkte. Das Thema Marketing ist eines davon. Sie können die besten Technologien entwickeln, die genau den oben genannten Gesetzen folgen. Wenn niemand davon weiß, werden Sie erfolglos bleiben. Eine geeignete Marketingstrategie, die sich auf die gewünschte Zielgruppe konzentriert, ist somit unverzichtbar. Und: Niemand agiert alleine auf dem Markt. Ein zukünftiger Industriestandard kann sich nur dann durchsetzen, wenn Sie Kooperationen eingehen – siehe das VHS-Beispiel. Auch Windows läuft schon lange nicht mehr ausschließlich auf IBM-Rechnern, auf denen das dem Standard-System vorausgehende MS-DOS ursprünglich ausgeliefert wurde, sondern inzwischen auch auf sämtlichen anderen PCs.
 

Mit Industriestandards zum Marktführer

Auch der Preis des Produkts spielt eine Rolle. Dabei muss der zukünftige Standard nicht der günstigste sein. Ein Beispiel hierfür ist Apple: Das Unternehmen eroberte mit hochpreisigen Produkten zunächst einen Nischenmarkt und erst später die breite Masse. Doch Verbraucher zahlen für vergleichbare Produkte bekanntlich lieber weniger. So sind exorbitante Preise für eine durchschnittliche Leistung nahezu ein Garant dafür, dass die Technologie vom Markt verschwinden wird.

Gelingt es unter diesen Prämissen, einen Industriestandard zu setzen, sprich, eine Technologie auf den Markt zu bringen, die sich flächendeckend durchsetzt und bei den Verbrauchern erfolgreich ist, ist der Profit für das Unternehmen enorm. Es sichert sich Marktmacht und Einfluss und ist so auf dem besten Weg, in seiner Branche eine Marktführerschaft zu erlangen.
 

Aus Technologie wird Standard

Industriestandards schaffen Vertrauen und Orientierung beim Verbraucher, sie beschleunigen die Entwicklung neuer Produkte und deren Marktreife. Zu einem Standard kann eine Technologie oder ein Produkt jedoch nur werden, wenn es bestimmte Kriterien erfüllt. So müssen die Anforderungen der Verbraucher erfüllt werden, der Preis muss stimmen ebenso wie die Verfügbarkeit. Dann verbreitet sich die beliebte Technologie oder das Produkt am Markt und wird erst zum Must-have – und dann zum Standard.

  • Ohne Marketing geht nichts.
  • Gelingt es, einen Industriestandard zu entwickeln, winken Einfluss und Marktführerschaft.

Industriestandards erfüllen die Wünsche der Verbraucher hinsichtlich Funktionalität, Preis und Verfügbarkeit.