Die sechs großen Themenfelder der Zukunft
 

Die Anforderungen an die Bauindustrie von morgen sind komplex. Die Fraunhofer-Allianz BAU sieht die großen Anforderungen an das Bauen der Zukunft in diesen sechs großen Themenfeldern: Software im Bau, Nano im Bau, Baustoffe, Bauen mit Membranen, Mensch in Räumen und Gebäude-Automation, für die jeweils eigene Geschäftsbereiche eingerichtet wurden. (Quelle: Fraunhofer BAU „Bauen für die Zukunft – Zukunft für den Bau“)

Software im Bau
 

Heutzutage ist Bauen ohne Softwareprogramme nur noch schwer denkbar. Die Programme ermöglichen den reibungslosen Informationsaustausch zwischen allen an einem Bauprojekt Beteiligten wie z. B. Architekt, Bauingenieur, Techniker und vielen mehr. Allerdings gibt es bis heute kein einheitliches Datenaustauschformat. Das hat zur Folge, dass oft Informationen verloren gehen und Verzögerungen am Bau entstehen. Hier arbeitet die Frauenhofer-Allianz „BAU“ an einem neuen Datenaustauschformat.

Ein weiterer großer Trend im Bereich „Software“ sind neue Simulations- und Rechenverfahren. Besonders im Bereich „Nachhaltiges Bauen“ wird sich hier noch viel tun. So werden Techniken wie z. B. die Raumklima-Simulation noch an Bedeutung gewinnen. Die Softwares der Zukunft sollen nicht nur vermehrt und detaillierter Daten über mögliche Energieverluste gewinnen. Sie sollen auch Zusammenhänge zwischen Raumklimafaktoren und dem Behaglichkeitsempfinden der Nutzer aufzeigen. Sogenannte Bauwerksinformationsmodelle (Building Information Modelling, BIM) werden darüber hinaus in der Lage sein, den Planungsprozess zu optimieren, das Facility Management zu unterstützen und den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes darzustellen.

Nano im Bau
 

In der Nanotechnologie kommen Werkstoffe zum Einsatz, deren Bestandteile extrem winzig sind. Nanomaterialien bewirken veränderte physikalische und chemische Eigenschaften und werden daher bereits erfolgreich überall dort in der Baubranche eingesetzt, wo Eigenschaften von Baumaterialien verbessert werden sollen. Zukünftig wird die Bedeutung von Nano-Materialien weiter steigen, und diese vermehrt in bestehende Produktionsprozesse und Wertschöpfungsketten integriert werden.

Eine große Rolle spielen Nanotechnologien bereits im Fassaden-, Dach- und Fensterbau. Hier ermöglicht u. a. nanoskaliges Titandioxid eine aktiv Schmutz abbauende Oberfläche. Nanotechnologie kann aber auch die Hygiene von Gebäuden verbessern. So verhindern beispielsweise der Gebäudefarbe beigemischte Nanosilberpartikel das Wachstum von Schimmelpilzen, Algen und Bakterien. Und sogenannte Zeolithe (natürliche oder künstliche Aluminiumsilicate) verbessern die Raumluft, indem sie mit ihren speziellen Nanoporen Moleküle absorbieren.

Großes Marktpotenzial sieht die Frauenhofer-Allianz BAU auch im Bereich der solaren Energiegewinnung. Denn nanoporöse Beschichtungen auf der Glasabdeckung der Module können bisherige, reflexionsbedingte Energieverluste deutlich reduzieren oder sogar ganz vermeiden.

Baustoffe
 

Kaum etwas ist beim Bau so entscheidend wie die Verwendung der richtigen Baustoffe. Hier konzentriert sich die Fraunhofer-Allianz BAU im Geschäftsbereich „Baustoffe“ auf die Weiterentwicklung klassischer Baustoffe sowie auf die Erforschung neuer Baumaterialien. Es geht im Kern darum, Material und Energie effizienter einzusetzen sowie umweltfreundlichere und nachhaltigere Baustoffe zu finden. Zur Erprobung der Baustoffe steht der Fraunhofer-Allianz BAU zurzeit das größte Freilandversuchsgelände Europas zur Verfügung.

Ein sehr wichtiges Forschungsfeld sind die neuen Verbindungen. Sie werden in Zukunft eine noch bedeutendere Rolle spielen. Nahezu alle Werkstoffkombinationen lassen sich z. B. durch Kleben verbinden, und das – im Vergleich zum Schweißen oder Löten – weniger wärmeintensiv. Der Vorteil dabei: Die Bauteile werden nicht beschädigt. Neue Klebstoffe ermöglichen hier ganz neue Leichtbaukonstruktionen. Auch ist es denkbar, dass Bauelemente über neue Verbindungen zusätzliche Funktionen gewinnen. So könnten z. B. Risse in Teilen farblich erkennbar gemacht werden.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt neben der Verbesserung von Dämmeigenschaften klassischer Dämmstoffe auf der Entwicklung eines recycelfähigen Bioschaumstoffs. Aber auch an umweltfreundlichen Flammschutzmitteln und neuen Beschichtungswerkstoffen arbeitet man auf Hochtouren. Ebenfalls ein spannendes Forschungsfeld: Phasenwechselmaterialien (PCM), die z. B. in der Lage sind, Wärme in Putzsystemen oder Fassaden zu speichern.

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Bauen mit Membranen
 

Membranen sind der Trendbaustoff der Zukunft. Günstiger und flexibler als Glas, lassen sich mit ihnen leichte und freitragende Bauten perfekt umsetzen. Pneumatisch stabilisierende Membrankissen aus Ethylen-Tetrafluorethylen (ETFE) zählen zu den bekanntesten Membran-Materialien. Das Material ist vielfältig einsetzbar, war jedoch lange Zeit sehr wetteranfällig. So kam es im Sommer schnell zu Überhitzungen, während im Winter zu viel Wärme verloren ging. Dank dem Frauenhofer Institut ist es nun möglich, ETFE-Folien Infrarot-reflektierend zu beschichten. Auch sind die Membranen künftig besser korrosionsgeschützt. Im Rahmen der Forschung wurden darüber hinaus Gaschrome als Prototypen entwickelt, die die Licht- und Wärmedurchlässigkeit von ca. 80 Prozent auf 10 Prozent Transmission reduzieren.

Durch die neuen Möglichkeiten der Membran-Technologie ergeben sich ganz neue Belastungsgrenzen, und daraus auch neue Gestaltungsfreiheiten. So haben die Wissenschaftler vom Fraunhofer Institut auch neue Fügeverfahren entwickelt, dank derer zukünftig nahezu jede beliebige Membrankissen-Geometrie erzielt werden kann.

Mensch in Räumen
 

Nirgendwo verbringen Menschen in Industrienationen mehr Zeit als in Innenräumen. Der Anteil an ihrer Lebenszeit dort beträgt fast 90 Prozent (Quelle: Fraunhofer-Allianz BAU). Um den daraus wachsenden Ansprüchen an Klima und Behaglichkeit in Räumen gerecht zu werden, wird daher zukünftig versucht, mögliche Emissionen aus z. B. Holzschutzmitteln oder Bodenbelägen auf ein Minimal-Maß zu reduzieren. Aber auch im Bereich der Akustikplatten, optischen Störquellen und Sauerstoffversorgung von Gebäuden wird sich in Zukunft einiges tun, das Thema „Nachhaltigkeit“ dabei stets im Blick. Ziel ist es, eine möglichst hohe Behaglichkeit zu erreichen, und dabei so wenig Energie und Ressourcen wie möglich zu verbrauchen. Hier rücken ganz neue Strategien ins Blickfeld, um das Raumklima an Außenklima, Funktion und Form des Gebäudes, Standort und viele anderen Faktoren zu koppeln.

Gebäudeautomation
 

Eine Gebäudeautomation ermöglicht es, die physikalischen Eigenschaften eines Gebäudes durch intelligente Steuerungskonzepte und den Einsatz moderner Technologien zu verbessern. So lassen sich große Einsparungen an Kosten und Energie erzielen. Auch wenn es bereits viele Formen der Automation gibt (wie z. B. automatisierte Heizungen oder Beleuchtungen), liegen u. a. im Bereich der Belüftungs- und Beschattungslösungen noch viele Potenziale ungenutzt. Zukünftig könnten z. B. laut Fraunhofer Allianz BAU mit Systemen zur Fensterüberwachung zusätzlich bis zu 10 Prozent der Heiz- und Kühlenergie eingespart werden.

Ein weiteres Forschungsfeld der Zukunft ist die miniaturisierte Sensortechnik. Hier eröffnen sich ganz neue Anwendungsbereiche, z. B. im Bauwerksmonitoring. Auch bei den Assistenzsystemen kommen viele Entwicklungen auf die Bauindustrie zu, die z. B. alten und behinderten Menschen mehr Möglichkeiten verschaffen.

Die Gebäudeautomation stellt die Bauindustrie vor große Herausforderungen, denn die Voraussetzungen für ein perfekt funktionierendes Automatisierungssystem sind eine entsprechende Infrastruktur und Menschen, die damit umgehen können. Auch scheitern heute noch viele bereits mögliche Technologien oftmals an den Investitionskosten und vergleichsweise großen Planungsanforderungen. Hier muss in Zukunft der Informationsaustausch zwischen Architekten und Gebäudeplanern besser gestaltet werden, um diese Hürden zu überwinden.

Fazit:
Es ist nicht möglich, umfassend aufzuzeigen, wie die Zukunft des Bauens genau aussieht. Sicher ist aber: Die Forschung hat ihre Trends definiert und folgt ihren Visionen. Nun ist es an der Industrie, ihre Innovationskraft zu beweisen, und so auf die sich ändernden Anforderungen der Gesellschaft bezüglich Lebenssituation und Komfort zu reagieren.