Die Vorteile des 3D-Druckverfahrens in der industriellen Fertigung speziell bei Metallen sind vielfältig. Das sogenannte "Selektive Laserschmelzen" (SLM = Selective Laser Melting) ermöglicht dem Konstrukteur völlig neue Geometriefreiheiten. Dadurch können zum Beispiel erstmalig innenliegende Strukturen mit ins Bauteil integriert werden. Der 3D-Druck ermöglicht außerdem die Fertigung verschiedener Einzelkomponenten in einem Stück. Beim SLM-Verfahren wird Metallpulver unter Schutzgas Schicht für Schicht aufgeschmolzen und verbunden. Die für das Schmelzen erforderlichen hohen Temperaturen werden durch einen Laserstrahl eingebracht. Das SLM-Verfahren ist äußerst präzise und schnell. 

Die Vorteile der klassischen Schmiedetechnik liegen weiterhin auf der Hand. Sie überzeugen vor allem durch ihre hohe Festigkeit, die aus dem ununterbrochenen Faserverlauf beim Schmieden resultiert. Bei diesem Herstellungsverfahren steht die Qualität des Metallteils hinsichtlich seiner robusten Eigenschaft im Vordergrund. 

 

 

Innovative Produkte dank der Kombination beider Herstellungsverfahren
 

Die Rosswag GmbH kombiniert innovative Fertigungsverfahren mit konventionellen Methoden. Ziel ist es, die positiven Eigenschaften beider Herstellungsverfahren, also dem SLM-Verfahren und der klassischen Schmiedetechnik zu nutzen. Das mittelständische Familienunternehmen stellt hochbelastbare Freiformschmiedeprodukte aus über 400 verschiedenen Metallen und Sonderwerkstoffen her, unter anderem für den Energiemaschinenbau, die Luft- und Raumfahrtindustrie, die Kraftwerkstechnik und den Pumpenbau sowie die optoelektronische Industrie. 

Mit der sogenannten generativen Hybridtechnologie fertigt das Unternehmen innovative Produkte, die trotz ihrer hohen Komplexität ressourcenschonend hergestellt werden können. Im Interview schildert Dr.-Ing. Sven Donisi, Geschäftsführer der Rosswag GmbH, das neuartige Verfahren und seine Vorzüge. 

Herr Dr. Donisi, was genau versteht man unter der generativen Hybridtechnologie?
 

Herr Donisi: Nun, dabei handelt es sich um die komplementäre Verbindung von unterschiedlichen Fertigungsverfahren. Konkret gemeint ist damit die Kombination von innovativen und konventionellen Produktionstechnologien, zum Beispiel Schmieden und Zerspanen gekoppelt mit einer generativen Fertigungstechnologie. 

In unserer Fertigung setzen wir seit einigen Jahren das Selektive Laserschmelzen ein, das auch unter dem Begriff "Metall 3D-Druck" bekannt ist. Diese Eingliederung ermöglicht die Herstellung endkonturnah gefertigter metallischer Bauteile ergänzend zu unserem Schmiedebetrieb. 

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Für welche Branchen ist die Hybridtechnologie besonders interessant?
 

Derzeit wird diese Prozesskette bevorzugt im Werkzeugbau eingesetzt, um konturnahe Kühlkanalstrukturen in massive Spritzgussformen einzubringen. Darüber hinaus laufen derzeit Forschungs- und Versuchsprojekte beispielsweise für den Einsatz im Energiemaschinenbau, in der Luft- und Raumfahrtindustrie sowie bei der Herstellung von Werkzeugsystemen. 

Ihr Unternehmen ist die größte Freiformschmiede in Süddeutschland. Wie passt das konventionelle Freiformschmieden mit dem Selektiven Laserschmelzen, also dem 3D-Druck in Metall, überhaupt zusammen?

Das passt sehr gut zusammen. Denn beide genannten Fertigungsverfahren erzeugen endkonturnahe metallische Rohteilstrukturen, die sich durch geeignete nachfolgende Prozessketten zu hochwertigen Funktionsbauteilen weiterverarbeiten lassen. Dabei bietet jedes dieser Fertigungsverfahren unter technischen und wirtschaftlichen Aspekten spezifische Vor- und Nachteile. 

Was sind in der Praxis die größten Vorteile, wenn Schmiedeprozesse mit Selektivem Laserschmelzen kombiniert werden?

Durch die Kombination der beiden Fertigungsverfahren Schmieden und Selektives Laserschmelzen können massive Bauteile trotz hoher Komplexität durch die innovative Prozesskette effizient gefertigt werden. Dies geschieht, indem die positiven Eigenschaften der beiden Herstellungsverfahren in den jeweiligen Geometrie-Elementen miteinander kombiniert werden. 

Der Grundgedanke liegt darin, massive Bauteilbereiche mit einem großen Anteil an Materialvolumen konturnah durch einen Freiformschmiedevorgang herzustellen. Auf das hochbelastbare, faserverlaufgerecht geschmiedete Rohteil wird anschließend in der SLM-Anlage additiv aufgebaut. So können die teils sehr komplexen Strukturen ergänzt werden. 

Für welche Produkte kommt diese innovative Prozesskette infrage?

Diese neu entwickelte und optimierte Prozesskette hat das Potenzial, in den verschiedensten Industrien und Produkten eingesetzt zu werden. Grundsätzlich eignen sich hochkomplexe Bauteile, die zugleich massive Bauteilbereiche aufweisen. 

Weiterhin können durch den Einsatz der generativen Fertigungstechnologie Zusatzfunktionen, wie beispielsweise integrierte Kanäle oder dämpfende Strukturen, in das Bauteil integriert werden. Ein gutes Beispiel dafür ist ein Impeller (siehe Bild), bei welchem in den Schaufeln mittels Kanälen eine Grenzschichtbeeinflussung zur Wirkungsgradsteigerung eingebracht wurde. 

Welche Auswirkungen hat die generative Hybridtechnologie konkret für die Arbeitswelt von morgen, speziell für den Mittelstand?

Die generative Hybridtechnologie ermöglicht neue konstruktive Freiheiten hinsichtlich komplexer Geometrien und innenliegender Strukturen, insbesondere bei massiven Bauteilen, die sich ausschließlich durch generative Fertigungsverfahren nicht effizient herstellen lassen. Dadurch können bestehende Bauteile optimiert und innovative Produkte entwickelt werden. 

Dem Mittelstand bietet sich dadurch die Chance, eine Kombination aus bestehendem Know-how in der Metallverarbeitung und der wachsenden generativen Fertigungstechnologie zu bilden. So kann er sich durch innovative Produkte und Prozesse weiter international behaupten. 

Herr Dr. Donisi, wir bedanken uns für den Einblick in die Hybridtechnologie und Ihre Zeit.