Oberflächenpräzision ist das wichtigste Kriterium in der Makroskopie
 

Allerdings kann ein optischer Spiegel solcher Größenordnung nicht mehr als einzelner Spiegel gefertigt werden, sondern wird aus vielen Einzelspiegeln zusammengesetzt. Die glaskeramische Mischung, aus der große astronomische Spiegel hergestellt werden, verfügt über ein hohes Eigengewicht, das den Spiegel an sich verformen würde. Die erforderte Präzision wäre damit nicht mehr gegeben – und die Oberflächenpräzision ist das eigentlich relevante Kriterium bei der Herstellung aller optischen Gläser. Was bei einem Brillenglas bereits den feinen Unterschied zwischen einem optisch hochwertigen Qualitätsglas und einfacher Massenware ausmacht, ereignet sich im wissenschaftlichen Bereich in einem Präzisionsmaßstab, der jede Vorstellungskraft sprengt. Die Präzision, die bei Teleskopspiegeln erreicht werden muss, um noch weiter ins All vorzudringen, bewegt sich in einem Genauigkeitsbereich von 20 Nanometern. Die Höhenunterschiede der „Täler“ und „Berge“ auf der Oberfläche reichen also nicht über oder unter diesen Bereich hinaus. Da das Schleifen auf mechanische Weise erfolgt, kann diese Präzisionsleistung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Würde das geplante Riesenteleskop in das Verhältnis zur Größe des Planeten Erde gesetzt, wäre die höchste Erhebung gerade einmal 6,5 Millimeter hoch. 

Theoretisch ist einem immer weiteren Vordringen, also dem optisch immer höher aufgelösten Blick ins All, keine Grenze gesetzt. Je größer der Spiegel – natürlich bei gleichbleibender Präzision im Schliff – desto beeindruckender, schärfer, kontrastreicher und heller sind die Bilder, die geliefert werden können. Für den Mikrokosmos der kleinsten Dinge reicht die klassische Lichtoptik auf der Basis von optischen Linsen und Spiegeln allerdings schon lange nicht mehr aus. 

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Mikroskopie hat physikalische Grenzen längst überwunden

In der Mikroskopie kann man sich mit derartigen „Ungenauigkeiten“ nicht zufriedengeben. Deshalb basieren die stärksten Mikroskope, die bislang konstruiert wurden, nicht mehr auf optischen Gläsern. Optische Gläser können auch nur Objekte als Lichtquellen einfangen, die über der Größe der Lichtwellen liegen. Der klassischen Lichtoptik sind also physikalische Grenzen gesetzt. Genauer gesagt liegt die Grenze bei ungefähr 200 Nanometern. Objekte, die kleiner sind – und das sind alle Atome – können nicht trennscharf aufgelöst erfasst werden. Lichtwellen sind mehrere Tausend Nanometer größer. Deshalb basieren weitere Erkenntnisse über den Aufbau des Mikrokosmos auf optoelektronischen Verfahren. Bei den stärksten Mikroskopen, die Objekte in Größenordnungen bis unter 1 Nanometer sichtbar machen, handelt es sich um Elektronenmikroskope. Kleinste Objekte werden nicht durch das Einfangen von Lichtwellen erfasst, sondern mit Elektronen beschossen und abgetastet, die deutlich kleiner sind als die zu untersuchenden molekularen und atomaren Strukturen. Die Ergebnisse werden in vergrößerter Form zu Bildern umgewandelt, die dem menschlichen Auge das Unsichtbare wieder sichtbar machen. Aber es handelt sich eben nicht um „echte“ Fotografien, sondern „nur“ um Computergrafiken.

 Ziel ist es aber auch bei diesen Verfahren, dem menschlichen Auge zugänglich zu machen, was es ohne optische Unterstützung selbst nicht erfassen kann. Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass sich die Wissenschaft – auch im Bereich der physikalischen Grundlagenforschung – längst blind auf ihre Messdaten verlassen könnte. Jedoch geht es bei elektronenmikroskopischen Anwendungen genau darum: um die Veränderung von Strukturen auf der molekularen und atomaren Ebene. 

 

Erschließung neuer Mikrowelten für die Chipindustrie

Die Mikrochipindustrie hat bereits die Hürde genommen, kleinste Leiterbahnen unter einer Größenordnung von 15 Nanometern wirtschaftlich auf Silizium aufbringen zu können. Weitere Steigerungen von Transistorleistungen können nur erreicht werden, wenn neue künstliche Werkstoffe mit Supraleitfähigkeit die bisherige Generation von Mikrochips ablösen können. Dazu müssen Strukturen auf der molekularen Ebene verändert, also die kleinsten Bausteine der anorganischen oder sogar organischen Materie zu neuen Strukturen mit günstigeren Eigenschaften umgebaut werden. Ohne die optische Visualisierung derartiger Nanostrukturen wäre weiterer Fortschritt in der Chipproduktion also nicht denkbar. 

 

Fazit: neue Weltanschauungen – durch Optik erst möglich

Nach der kopernikanischen Wende konnte erst der Einsatz eines optischen Instrumentes, wie das des Teleskops, eine glaubwürdige Bestätigung für den wahren Aufbau des Sonnensystems – und des gesamten Universums – liefern. Wie abhängig Forschung und Entwicklung von buchstäblich „sichtbaren und vorzeigbaren“ Resultaten sind, zeigt auch der Einsatz von Elektronenmikroskopen und anderen elektrooptischen Verfahren. Ohne die „Sichtbarkeit“ der Atome – und sei es auch nur durch Umrechnung in anschaubare Bilder – kann auch das Verständnis über die Strukturen des Mikro- und Makrokosmos nicht wachsen.