Chef ist immer noch der Chirurg

Roboter arbeiten präzise, sind unanfällig für Stress im OP-Saal und ermüden nicht. Allerdings können sie nicht selbstständig handeln. Der Chirurg bleibt als planendes, steuerndes und überwachendes Element deswegen nach wie vor der Gewährleister für eine gelungene Operation. Die gesamte Arbeit des Roboters wird über einen Monitor kontrolliert und bei Bedarf unterstützt oder korrigiert. Der Roboter wird vom Arzt per Joystick geführt und setzt dessen Bewegungen um. Der entscheidende Vorteil dabei ist die Übersetzung, die bis zu einem Bereich von 10 zu 1 liegen kann. Das bedeutet, dass der Roboter Bewegungen des Arztes mit einer Reichweite von 1 cm auf 1 mm genau umsetzt. Das erhöht die Präzision zusätzlich, selbst ein leichtes Zittern der Arzthand kommt beim Patienten nicht an. Aufgrund der Tatsache, dass moderne OP-Roboter nicht selbstständig arbeiten, sondern vom Chirurgen gesteuert werden, hat sich der Begriff „Telemanipulator“ eingebürgert. Die am weitesten verbreiteten Geräte sind die „Da Vinci“-Roboter. Im Jahr 2015 waren weltweit 3.400 dieser Maschinen in den OP-Sälen tätig. 
 

Grenzen für den Roboter im OP-Saal

Es gibt in der Operations- und Medizintechnik für Roboter allerdings auch Grenzen. Denn das Verfahren hat Nachteile, die manchmal die Vorzüge überwiegen:
 

  • Die Operation mit dem Telemanipulator dauert länger.
  • Das haptische Gefühl des Chirurgen und das daraus resultierende Feedback sind eingeschränkt.

Ein großer Nachteil sind außerdem die hohen Kosten in Beschaffung und Unterhalt, auch das Personal, das den Telemanipulator bedient, benötigt eine spezielle und kostenintensive Zusatzqualifikation. Aufgrund dieser Aspekte ist der Einsatz nur dann effektiv und wirtschaftlich, wenn Operationen ohnehin langandauernd angelegt sind und eine erhöhte Präzision die Sicherheit für den Operanden deutlich erhöht. 

 

Da Vinci als Namensgeber

Die Ursprünge von Robotern in der Medizintechnik liegen im amerikanischen Militär. Dort wurde mit Möglichkeiten experimentiert, Soldaten aus der Distanz zu operieren und so die Ärzte zu schützen. Eine Grenze setzten hier unter anderem lange Übertragungswege, die die Präzision und das gesamte Verfahren einschränkten. Nach verschiedenen Versuchen in der Medizinrobotik mit automatischen OP-Robotern hat sich heute das Da Vinci Surgical System etabliert. Seit 1998 arbeiten die Maschinen bei immer mehr Operationen mit, erst vorwiegend in den USA, jetzt in der ganzen Welt. Zwei Hauptkomponenten sind Bestandteil des Systems:

Der Operateur steht während des Eingriffs an einer Kontrollkonsole und bedient die Roboterarme. Die visuelle Kontrolle sichert ein 3D Monitor.

 Auf einem fahrbaren Stativ sind vier Arme montiert. Diese sind mit Gelenken ausgestattet, die über sieben Freiheitsgrade verfügen und damit der menschlichen Hand überlegen sind. Auf einem der Arme ist die 3D-Kamera installiert, die weiteren drei Arme können mit Spezialinstrumenten bestückt werden.

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Gestennavigation – berührungslose Steuerung

In der Praxis im OP hat sich immer wieder die ferngesteuerte Suche nach Informationen erwiesen. Das sterile Team war vor die Herausforderung gestellt, sich selbst an den PC zu setzen und wichtige Daten aus der Radiologie, aus Ultraschallaufnahmen oder aus Simulationen abzugreifen. Dies unter sterilen Bedingungen durchzuführen, ist aufwendig und schwierig zu realisieren. Hier hat sich einiges geändert. Durch eine berührungslose Gestennavigation bleibt die Sterilität erhalten, der Bildschirm wird per Gesten gesteuert. Moderne Systeme erlauben nicht nur den Wechsel der Bilder auf dem Monitor, sondern auch das Zoomen oder Markieren per Handbewegung. Noch ist diese Lösung in den Anfängen, wird aber zunehmend von den Kliniken akzeptiert und stellt eine echte Innovation und Qualitätsverbesserung im OP-Saal dar. 
 

Ausblick in die Zukunft

Im Institut für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt wird intensiv am Medizintechnik-Roboter geforscht. Gelenkfreie Robotersysteme, beweglich wie eine Schlange, sollen in Zukunft Bypassoperationen ermöglichen, bei denen der Brustkorb geschlossen bleibt und durch die Rippen hindurchgearbeitet wird. Eine weitere Innovation für die Zukunft sind winzige Nanoroboter, die in den Körper gebracht werden und selbstständig Tumore ansteuern und bekämpfen. Erste praktische Anwendungen erwarten die Forscher in 20 bis 30 Jahren. Ein Beispiel für derartige Technologien ist die Pillcam. Das winzige Endoskop wandert durch den Darm und macht dort Bilder, vier Stück pro Sekunde. Diese werden zu einem Datenrekorder gesandt und ermöglichen dem Arzt eine Beurteilung des Darms. Die Qualität der Bilder steht der einer herkömmlichen Darmspiegelung zwar nach, dafür ist das Verfahren schonender für den Patienten.

Unser gesamtes Leben wird zunehmend automatisiert und technisiert, diese Entwicklung ist gerade in der Medizintechnik stark zu beobachten. Mit Robotern und Telemanipulatoren können die Vorteile dieser Technik genutzt und Operationen vereinfacht werden. Der Kostenfaktor als wichtiger Punkt ist heute noch ein gravierender Aspekt, der die Entscheidung für eine Roboter-OP schwer macht. Denn die Kassen bezahlen den zusätzlichen Aufwand, der vorwiegend durch die Anschaffung der OP-Instrumente besteht, noch nicht.