Biokunststoffe müssen nicht abbaubar sein

Kunststoffe sind allgegenwärtig, da sie im Vergleich zu anderen Stoffen gerade im Verpackungssektor viele Vorteile aufweisen: geringes Gewicht, breiter Verwendungsbereich, geringe Produktionskosten. Sie haben aber auch entscheidende Nachteile: Kunststoffe sind schwer abbaubar und deshalb umweltschädlich. Zudem setzt bereits die Produktion durch den hohen Energieaufwand eine große Menge an CO2-Emissionen frei.

Eine nachhaltigere, umweltfreundlichere Alternative sollen Biokunststoffe sein, auch als Biopolymere bezeichnet. Was sich genau dahinter verbirgt, bleibt ein wenig vage, da der Begriff „Biokunststoff“ nicht gesetzlich geschützt ist und auch nicht einheitlich definiert wird. Die ökologische Aussagekraft von Bio-Labels auf Kunststoffen ist daher begrenzt. Grundsätzlich zu unterscheiden sind biobasierte Kunststoffe und abbaubare Kunststoffe:
 

  • (Teil-)biobasierte Kunststoffe wie Polyethylen, Polyethylenterephthalat (PET) oder Polyamid (PA) basieren zumindest zum Großteil auf nachwachsenden Rohstoffen wie Maisstärke, Zuckerrohr und Zuckerrüben, Pflanzenölen wie Rizinusöl oder Cellulose aus Baumwolle oder Holz. Diese müssen aber nicht zwangsläufig biologisch abbaubar sein. Ein Beispiel: Kautschuk oder Celluloseacetat sind zwar biobasierte Kunststoffe, jedoch nicht abbaubar.
  • Abbaubare Kunststoffe wie beispielsweise Polymilchsäuren (PLA) und Polymere auf der Basis von Stärke können durch natürliche Prozesse zersetzt werden, also von Mikroorganismen oder Enzymen. Diese Kunststoffe können allerdings durchaus auch erdölbasiert sein, da die Abbaubarkeit nur durch die chemische Struktur und nicht durch die Materialherkunft bestimmt wird. Zudem zerfallen viele dieser Stoffe nur unter speziellen Umweltbedingungen – und nicht etwa auf dem Komposthaufen im Garten.
     

Weltweiter Kunststoffmarkt: Anteil an Biokunststoffen eher gering

Der Anteil von Biokunststoffen an den weltweiten Kunststoffmärkten liegt – je nach Quelle – zwischen einem und zwei Prozent. Die jährliche Wachstumsrate beträgt laut eines Trend-Reports des nova-Institutes aus dem Jahr 2017 drei bis vier Prozent. Doch der Markt konventioneller Kunststoffe wächst ebenfalls, sodass sich am Anteil bis ins Jahr 2022 wohl nur wenig ändern wird. In absoluten Zahlen sollen im Jahr 2023 weltweit rund 2,6 Mio. Tonnen Biokunststoff produziert werden.
 

Hier werden Biokunststoffe in der Verpackungsindustrie eingesetzt

Die höchsten Absätze bei Biokunststoffen verzeichnete im Jahr 2018 die Verpackungsindustrie. Fast zwei Drittel aller Biokunststoffe wurden zu Tüten, Beuteln und anderen Verpackungen verarbeitet. Bereits 2009 brachte Coca-Cola mit der „PlantBottleTM“ eine Plastikflasche aus nachwachsenden Rohstoffen auf den Markt und machte Biokunststoffe damit populär. Heute werden sie in vielen Bereichen der Verpackungsindustrie verwendet:
 

  • Das aus pflanzlichen Rohstoffen produzierte Polyethylendicarboxyfuranoat (PEF) wird als Verpackungsmaterial insbesondere für Nahrungsmittel verwendet, da es durch seine Dichte für eine längere Haltbarkeit der verpackten Produkte sorgt. Zudem kann es mechanisch stark belastet werden.
  • Celluloseacetat wird in erster Linie für die Produktion von Folien verwendet. Da diese Art von Bioplastik Feuchtigkeit absorbiert, wird Celluloseacetat oft mit anderen Kunststoffen oder Wachsen beschichtet.
  • Verschiedene Biokunststoffe werden für die Produktion von Tragetaschen, Tüten sowie Sammelbeuteln für kompostierbare Abfälle verwendet.
  • Blisterverpackungen lassen sich ebenfalls problemlos aus Biokunststoffen herstellen.
     

Wie umweltfreundlich sind Biokunststoffe wirklich?

Bei dieser Frage halten sich die Meinungen die Waage. Tendenziell kann die Verwendung nachwachsender Rohstoffe die limitierten Erdölvorräte schonen und im durchschnittlichen Vergleich mit konventionellen erdölbasierten Rohstoffen die CO2-Emissionen verringern. Kritiker entgegnen jedoch, dass der Anbau nachwachsender Rohstoffe die Umwelt belastet: Die dafür verwendeten Maschinen benötigen Erdöl, zudem wird der Einsatz von Bodendüngern, Pestiziden und Gentechnik kritisiert. Auch der hohe Wasserverbrauch zum Anbau nachwachsender Rohstoffe wirkt sich nachteilig auf die Ökobilanz aus.

Das Umweltbundesamt kommt daher zu dem Schluss, dass Biokunststoffe nicht umweltfreundlicher sind als konventionelle Kunststoffe. Energetisch gesehen sei es vorteilhafter, sie in die Müllverbrennung zu geben, als sie in die Natur zurückzuführen. Denn bei der Verbrennung könne die frei werdende Energie für die Produktion von Strom oder Wärme genutzt werden.

Zudem fehle es derzeit noch an einem geeigneten Abfallmanagement für Biokunststoffe. Solange es keine sinnvolle Verwertung oder Rückführung von kompostierbaren Verpackungen gibt, seien sie auch nicht besonders sinnvoll.

PLA, der meist eingesetzte Biokunststoff im Verpackungsbereich, ist durch Nahinfrarot-Spektren-Analyse und andere Verfahren jedoch durchaus aussortierbar. Ein Sortier- und Recyclingsystem habe sich laut den Herstellern allerdings noch nicht bewährt, da die Mengen für ein lohnenswertes Recycling zu gering seien.