Äußere Reize bestimmen die innere Struktur
 

Intelligente Werkstoffe sind dadurch gekennzeichnet, dass sie in der Lage sind, auf äußere Reize wie Licht, Wärme oder mechanische Belastungen zu reagieren und ihre innere Struktur zu verändern. Eine Steuerung von außerhalb ist dabei überflüssig. In der Medizin sorgen diese Mechanismen, die häufig aus der Natur abgeschaut sind, schon heute für schonendere Operationen und verbesserte Wundheilung. Fadenförmige Kunststoffe verschließen Wunden ohne Nähte, indem sie sich als Reaktion auf die Körpertemperatur kräuseln und zusammenziehen. Ebenfalls zu den Smart Materials – wie die intelligenten Werkstoffe auch bezeichnet werden – gehören elektrisch steuerbare piezoelektrische Materialien oder dielektrische Elastomere. Diese dienen als Sensoren und Aktoren oder fungieren als elektromechanische Energiewandler. 

Bauteile mit Gedächtnis
 

Intelligente Werkstoffe sind heute schon in einigen Bereichen der Fahrzeugindustrie zu finden. Kunststoffe mit einem Formengedächtnis finden nach mechanischen Belastungen wieder ihre ursprüngliche Form. So hinterlässt der kleine Rempler am parkenden Nachbarwagen kaum noch Spuren, wenn er auf ein Bauteil mit Formgedächtnis trifft. Auch die Zulieferer mischen mit und produzieren zum Beispiel berührungslose Lichtfunktionen, entwickeln Touchskin-Oberflächen für die Armatur oder forschen an Lackschichten, die mittels Nanotechnologie die Farbe wechseln können. Der Autofahrer hat dann die freie Wahl, in welcher Farbe er zur Arbeit oder in den Urlaub fährt. Ist diese Funktion eher eine Spielerei, scheint der Lack, der Strom produziert, effizienter. Im Bereich der Forschung ist dies bereits realisiert: Die Fahrzeuglackierung dient als Sonnenkollektor und entlastet die Lichtmaschine. Dies wiederum senkt den Spritverbrauch. 

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Intelligente Materialien – ein Widerspruch?
 

Intelligenz gilt als höchste Entwicklungsstufe und dem Menschen vorbehalten. Material hingegen steht stets für etwas Lebloses. Dementsprechend beschränkt ist der Grad der Intelligenz, der den Smart Materials zugesprochen werden kann. In vielen Fällen handelt es sich eher um Reflexe als um intelligentes und bedachtes Verhalten. So sind bereits seit längerer Zeit Gläser und Beschichtungen verfügbar, die sich der Sonneneinstrahlung anpassen und sich entsprechend verdunkeln oder aufhellen. Die phototropen Gläser kommen in Brillen zum Einsatz und erkennen über eine sensorische Funktion Umgebungsparameter, auf die sie dann reagieren können. Intelligenz ist das nicht, sondern ein reflexhaftes Verhalten, das der Mensch sinnvoll für sich nutzen kann. 

Smart Materials – Was heute schon möglich ist
 

Intelligente Werkstoffe entspringen oft der Bionik, einer neuen Wissenschaft, die aus Vorbildern aus der Natur technische Bauteile oder Materialien kreiert. Einiges davon ist heute schon umsetzbar, die Entwicklung schreitet zusätzlich stetig voran: 

Entlastung für Diabetiker – der Druckmessstrumpf
 

Nervenstörungen an den Füßen machen Diabetikern oft zu schaffen, da sie dort weder Druck noch Kälte spüren. Die Folge davon: Verletzungen bleiben unbemerkt und es entstehen Wunden, die nur schwer heilen oder zu Geschwüren werden. Wird dies zu spät entdeckt, bleibt oft nur die Amputation. Ein spezieller Strumpf ersetzt die fehlenden Nervensignale. Der Druck auf den Fuß wird gemessen. Zum Einsatz kommen dafür elektrische Sensoren aus Elastomerfolie. Diese lässt sich sehr gut in Textilien integrieren. Wird ein Teil des Fußes zu stark mit Druck belastet, sendet ein Mikrochip eine Warnung an das Smartphone des Strumpfträgers. Noch ist das Strumpfmodell, das vorwiegend präventiv eingesetzt werden soll, in der Entwicklungsphase. Aufgrund der relativ günstigen Kosten in der Serienproduktion könnte sich das Produkt allerdings durchsetzen – zumal damit erheblich teurere Folgekosten durch Operationen umgangen werden können. 

Handschuh mit Sensoreigenschaften für Schadstoffe
 

Der besondere Handschuh, vom Fraunhofer Institut EMFT entwickelt, zeigt Toxisches in der Umgebung an. Als Reaktion auf giftige Substanzen oder Gase verändert das Material seine Farbe. In den Labors des Instituts wird das innovative Produkt im Langzeitversuch eingesetzt und weist auf viele Gefahrstoffe zuverlässig hin. Damit das Prinzip funktioniert, werden die Farbpigmente vor dem Einfärben angepasst; alternativ können sensorische Partikel verwendet werden, die mit einem speziellen Indikatorstoff versehen sind. Verschiedene Farben zeigen die unterschiedlichen Substanzen an. 

Teppiche als Lebensretter
 

Bereits in der Serienproduktion befindet sich ein Teppich, der aus einem sensorischen Material besteht und unter dem Bodenbelag verlegt wird. Das intelligente Material ist in der Lage, Vitaldaten zu erfassen und weiterzuleiten. Im Sensorboden sind sogenannte kapazitive Näherungssonden verarbeitet. Beim Gang über den Boden werden Sensorsignale ausgelöst, zu einem Empfänger gesendet und dort ausgewertet. Geschwindigkeit und Gehrichtung können gemessen werden. Die Sensoren erkennen, ob eine Person steht oder liegt. Sturzerkennung oder Sturzprophylaxe sind wichtige Einsatzbereiche. Ebenso kann der Boden mit der Smart-Home-Technologie verbunden werden, dies eröffnet ein großes Spektrum an weiteren Anwendungen. 

Fazit

Intelligenten Werkstoffen gehört die Zukunft! Insbesondere die Möglichkeiten, Energie zu sparen oder gesundheitsschädliche Stoffe zu ersetzen, machen die Technologie attraktiv, denn wichtige Ressourcen werden geschont. Doch auch die eher witzigen Lifestyle-Ideen könnten ihren Platz finden, da auch hier Einsparmöglichkeiten bestehen – so zum Beispiel beim Schuh und der Tapete, die durch den Einsatz intelligenter Werkstoffe auf Knopfdruck ihre Farbe wechseln können. Problematisch sind jedoch die Kosten vieler Produkte, die sich noch in der Entwicklungsphase befinden. Der Erfolg wird allerdings nicht lang auf sich warten lassen. Smart Materials – und eng verbunden damit auch die Bionik – gelten in Forscherkreisen als echte Zukunftstechnologien.