Daten sind gut, viele Daten sind besser? Wenn es doch so einfach wäre! Denn vorher sind die beiden entscheidenden Fragen zu klären: Welche Daten brauche ich? Und was fange ich damit an? Solange das nicht geklärt ist, wird mit dem Einsatz von Big Data nur Zeit und Energie verschwendet. Das Problem ist durchaus verbreitet: Etwa ein Drittel der Unternehmen bezweifelt die Exaktheit der eigenen Datenanalysen, heißt es in der Studie „Mit Daten Werte schaffen 2017“ von KPMG und Bitkom. Viele der befragten Manager sagen auch, ihre Mitarbeiter seien überfordert, aus den Ergebnissen der Datenanalyse die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Vielleicht ist es daher gar nicht schlimm, dass Big Data eher zögerlich im Einkauf ankommt. Dabei locken vielfältige Chancen auf transparente und effizientere Prozesse. Strategische Einkäufer können auf Basis von Firmendaten analysieren, welche Lieferanten relevant sind und welche aussortiert werden können. „Bei vielen Unternehmen wird die Lieferantenbeurteilung entweder in Excel manuell verwaltet oder ist gar nicht oder nur zum Teil vorhanden“ sagt Friedrich Klement von Phoron Consulting. Er kennt Unternehmen, die mithilfe solcher Analysen ihren Lieferantenstamm halbiert haben.

 

 

Einmal den ganzen Beschaffungsprozess durchleuchten

Im operativen Einkauf verhindert Big Data ärgerliche Engpässe, wenn Unternehmen ihren Waren- und Mengenstrom analysieren: Wie häufig wird Material bestellt und wie oft dreht es sich? „Der gesamte Beschaffungsprozess ließe sich auf Durchlaufzeiten, Abweichungen vom Soll oder unnötige Kostentreiber untersuchen“, sagt Experte Klement.

Die technischen Voraussetzungen dafür sind gegeben: Die Informationen stecken bereits im ERP-System. Dann jedoch greift das große Aber: Dazu müssen die Unternehmen wissen, was sie wollen, was sie brauchen, und wie sie nutzen können, was sie an Daten bekommen. Soll heißen: Aus den Daten müssen Handlungs- und Entscheidungsempfehlungen abzuleiten sein. Zum Glück ist der Weg dorthin nicht weit. Es braucht nämlich exakt zwei Schritte.

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Der Einkauf wird zum Wegbereiter und Schrittmacher der digitalen Vernetzung zwischen mehreren Unternehmen.

Christoph Feldmann, Hauptgeschäftsführer des BME

Schritt 1: Einkäufer schulen

Einkäufer müssen wissen, welche relevanten Daten mit anderen relevanten Daten auf welche Weise sinnvoll zu verknüpfen sind, um daraus Entscheidungen abzuleiten. Und sie müssen verstehen, dass der Output nur so gut sein kann wie der Input. Mit anderen Worten: Nur wenn Einkäufer sämtliche Daten verlässlich und standardisiert eingeben, führt die Datenanalyse zu den richtigen Schlüssen.

Basis für alle Analysen sind gepflegte Stamm- und Belegdaten. Falls diese Daten nicht vollständig, zeitgerecht und korrekt in den Systemen hinterlegt sind, wird die Auswertung immer mal wieder in die Irre führen.
 

Schritt 2: Einsatz eines Datenanalysten

Einkäufer können nicht im Nebenjob als Big-Data-Analyst agieren. Sinnvoller ist es, einen Experten mit dem notwendigen technischen Know-how einzusetzen. In Absprache mit den Einkäufern ist zu klären, welches Datenmaterial wie und warum bereitgestellt wird. Ebenso wichtig ist es dafür zu sorgen, dass die Datenanalysen so aufbereitet werden, dass sie von den Einkäufern handlungsleitend genutzt werden können, und zwar für den operativen ebenso wie für den strategischen Bereich.
 

Einkäufer als „Schrittmacher“ der digitalen Vernetzung

Ist diese Basis gelegt, kann über die Firmengrenzen hinaus gedacht und gehandelt werden. Christoph Feldmann, Hauptgeschäftsführer des BME (Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik), sieht den Einkauf als „Wegbereiter“ und „Schrittmacher“ der digitalen Vernetzung zwischen mehreren Unternehmen.

Klingt wie Zukunftsmusik? Nicht für das Fraunhofer-Institut IML, dort sehen die Forscher bereits die Algorithmen schuften – was den Menschen neue Aufgaben zuweist. „Die Aufgaben des Einkaufs werden sich durch die neuen technologischen Möglichkeiten und Lösungen wie Smart Contracts, Predictive Analytics Software, neue Kennzahlen und die Echtzeitverfügbarkeit von Daten immens verändern“, heißt es in der Studie „Einkauf 4.0“. Die Aufgaben der Einkäufer: Überwachen, Steuern und Lenken. „Die operativen Prozesse können nahezu autonom ablaufen.“