Beschaffung und Finanzabteilung: Nur eine Zweckgemeinschaft?

Einkaufs- und Finanzabteilung sollten zum Wohle des Unternehmens vertrauensvoll zusammenarbeiten – doch das ist offenbar nicht immer der Fall, ergab eine Studie des Beratungsunternehmens TWS Partners unter Großkonzernen in Deutschland. Sowohl der Großteil der Einkaufsvertreter (64 Prozent Zustimmung) als auch die Hälfte der Kollegen aus der Finanzabteilung ist der Ansicht, dass das Erfolgspotenzial in der Beschaffung nicht ausgenutzt werde.

Über die Gründe sind sich die Abteilungen naturgemäß uneins: Die Einkäufer werfen den CFOs vor, Entscheidungen nur über Zahlenwerke zu steuern und nicht zu erkennen, wie Potenziale wirklich gehoben werden können. Sie selbst würden oft zu spät in Prozesse eingebunden. Die Finanzabteilungen nehmen den Einkauf hingegen eher als Prozesshemmer wahr, der die Dinge oftmals verkompliziert. Finanzchefs bemängeln zudem in fast der Hälfte aller Fälle die Qualität der Mitarbeiter im Einkauf.

Quotation mark
Bilden die Abteilungen bestenfalls eine Zweckgemeinschaft, ist das für den Unternehmenserfolg wenig förderlich.

Bilden die Abteilungen also bestenfalls eine Zweckgemeinschaft, ist das für den Unternehmenserfolg wenig förderlich. Das Beschaffungscontrolling sollte die Beschaffungsverantwortlichen vielmehr dabei unterstützen, ihren Beitrag zum Erfolg der Firma zu leisten. Taktische und strategische Verhandlungstrainings für Einkäufer tragen entscheidend dazu bei, sie aus den Augen der Finanzabteilung nicht mehr als klassische “Bestellabwickler” herabzuwürdigen.

Einkauf und Marketing: Konflikte sind vorprogrammiert

Durch ihre unterschiedlichen Zielsetzungen befinden sich die Abteilungen Einkauf und Marketing in einem Spannungsfeld: Der Einkauf arbeitet darauf hin, qualitativ gute Leistungen zu einem möglichst niedrigen Preis zu beschaffen. Und das Marketing bemüht sich in erster Linie um eine enge Zusammenarbeit mit bewährten Partnern, um Verlässlichkeit zu gewährleisten. Ständige Agenturwechsel, nur um an der Preisschraube zu drehen, sind für die Ziele des Marketings eher hinderlich.

Die Konsequenz aus diesem Konflikt: In der Praxis beschafft das Marketing Produkte, Dienstleistungen oder Investitionen, ohne den Einkauf zu kontaktieren. Damit wird die Chance vertan, durch die Erfahrung des Einkaufs Kosten zu senken und Prozesse zu optimieren.

Wie können sich Einkauf und Marketing dieses Problem lösen? Ein Ansatz lautet: Den Abteilungen gegenseitig Einblick in die Prozesse und Handlungsweisen der anderen zu verschaffen, um auf diese Weise einen kompetenten internen Berater zu bekommen. Das Marketing muss verstehen lernen, dass eine gewisse Lieferantenvielfalt vorteilhaft ist und was Richtlinien und Standardisierungen des Einkaufs bezwecken. Und der Einkauf benötigt eine Einsicht in die Arbeit des Marketings, um nachzuvollziehen, warum die eigene Vorgehensweise nicht eins zu eins übernommen werden kann.

Einkäufer und Verkäufer: Notwendiges Übel oder ergänzende Partner?

Natürlich sind Einkäufer und die Verkäufer des Herstellers keine Feinde, auch wenn beide Seiten dies vielleicht oft so empfinden. Sie haben in gewissen Teilen ihrer Arbeit lediglich konträre Interessen. Gegensätzlich sind meist die Preisvorstellungen, gemeinsam ist beiden Akteuren das Interesse an einem guten Produkt oder einer guten Dienstleistung. Und an einer langfristigen Zusammenarbeit – doch die kann nur zustande kommen, wenn die Verhandlungen am Ende zu einer Win-Win-Situation führen.

Quotation mark
Um Missverständnisse zu minimieren, sollte der Einkauf möglichst früh in Verkaufsprozesse einbezogen werden. 

Um Missverständnisse zu minimieren, sollte der Einkauf möglichst früh in Verkaufsprozesse einbezogen werden. Sprechen sich Fachabteilung und Verkäufer aufgrund guter persönlicher Beziehungen oder kongruenten Fachkenntnissen zunächst isoliert ab, kann es zu Enttäuschungen kommen, wenn der Einkauf einen Abschluss nicht mitträgt. Denn dieser sieht in erster Linie den Preis und kann Vorteile eines Produktes oder einer Dienstleistung, die gegebenenfalls Mehrkosten rechtfertigen würden, nicht ohne Weiteres beurteilen. Und so muss der Einkäufer oft an zwei Fronten kämpfen: zwischen Lieferant und eigener Fachabteilung.