Polyolefine halten wir täglich in der Hand: als Packung für Waschpulver, Speiseeis, Hundefutter oder Wandfarbe. Die Jokey Group stellt solche Kunststoffverpackungen her, und das ausgesprochen erfolgreich. Der Mittelständler kommt auf einen Umsatz von 430 Mio. Euro; der Anteil der Materialkosten daran liegt bei über 70 Prozent, und davon entfällt ein Großteil auf den Einkauf von Polyolefinen.

Was also tun? Die einfache Lösung wäre eine schlichte Ansage an die Einkäufer: „Sorgt für bessere Preise!“ So simpel denken sie nicht bei der Jokey Group. Stattdessen hinterfragte der familiengeführte Mittelständler aus Wipperfürth im Bergischen Land die eigene Organisation: Welche Rolle spielt bei uns der Einkauf? Ist das Procurement verwoben mit den übrigen Systemen und Strukturen, eingebunden in strategische Prozesse? Und nicht zuletzt: Wie steht es um das Renommee der Einkäufer bei Jokey?
 

Einkäufer werden zu strategischen Planern

Ausbaufähig, lautet die Antwort. Einkäufer galten als Beschaffer, die unerbittlich um jeden Viertelcent feilschen, denen aber der Blick für das große Ganze fehlt. Das lässt sich ändern, dachte sich Michael Schmidt, Chief Procurement Officer von Jokey. Der CPO entwickelte ein Programm, das an mehreren Stellschrauben dreht. Im Zentrum steht die Digitalisierung des Einkaufs. Mit Leben gefüllt wird sie von Einkäufern, die mit dem rasch wachsenden Datenpool umzugehen lernen – und dabei anfangen, strategisch zu denken und zu handeln.

Sowas passiert nicht von heute auf morgen. Bereits seit 2008 denkt Jokey über ein klug digitalisiertes Beschaffungssystem nach, Schmidts „Global Procurement Excellence“-Programm startete 2014 und ist bis heute – so ist es nun mal bei evolutionären Prozessen – nicht beendet. Alle Teilprojekte werden jährlich überprüft und laufen entweder weiter oder sie haben ihr Ziel erreicht und laufen aus.
 

Die Zahlen stimmen, die Motivation ebenfalls

Was sich heute bereits sagen lässt: Das Meiste ist geschafft, das digitale Grundgerüst steht. Der Ausbau des ERP-Systems, das nun durchgehend innerhalb der Jokey Group genutzt wird, sorgt für valide und transparente Beschaffungsdaten. Mit diesen Daten wird das Procurement fundiert gesteuert und werden die Savings im Einkauf gemessen. CPO Schmidt lobt die unternehmensweite Akzeptanz und die Motivation, die notwendigen Veränderungen zügig umzusetzen. Schmidt: „Dies alles ist bei Jokey letztlich nur möglich gewesen dank der vielen, inzwischen hochqualifizierten und hochmotivierten Mitarbeiter im Einkauf.“

Stärker als je zuvor werden die Einkäufer als Experten gesehen – und geschätzt. Das ging nicht ohne Training und Know-how-Transfer. Jetzt zahlt es sich aus: Durch die Neubewertung ihrer Position als Fachleute an der Schnittstelle zu den Beschaffungsmärkten sind Motivation und Zufriedenheit in den Teams deutlich gestiegen.
 

Digitalisierung als evolutionärer Prozess

„Die Digitalisierung wird nicht als Selbstzweck, sondern als Hebel gesehen, um Kapazitäten bei den Mitarbeitern freizusetzen, die dann für andere Aufgaben zur Verfügung stehen“, lobt Michael Nießen vom Vorstand des BME (Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik) den Ansatz der Jokey Group. „Die Unternehmenspolitik, interdisziplinäre Arbeitsgruppen zu fördern und über Hierarchieebenen hinweg auf Augenhöhe zu diskutieren, fördert Agilität und die Entwicklung neuer, kreativer Lösungen im Tagesgeschäft.“

Die drei wichtigsten Schritte vorwärts waren

  • die Einführung einer einheitlichen Warengruppensystematik für die gesamte Beschaffung innerhalb der Jokey Group
  • die Erweiterung der Lieferantenbasis in der Warengruppe Polyolefine
  • und der Ausbau des Global Sourcing.

Durch den Ausbau der Direktkontakte zu Polyolefin-Herstellern weltweit wurde die Versorgungssicherheit in dem volatilen Beschaffungsmarkt deutlich erhöht.
 

Auf dem besten Weg zu Einkauf 4.0

Nachdem diese Ziele erreicht worden sind, wagt Jokey einen vierten Schritt: ein webbasiertes Supplier-Portal, das derzeit in enger Abstimmung mit Kernlieferanten und Blick auf deren Erfordernisse weiterentwickelt wird. Einkauf 4.0 sozusagen. Mit diesem Portal soll neben operativen Beschaffungsprozessen auch die Lieferantenqualität durch entsprechende Anreizsysteme gesteuert werden.

Wenn man erst einmal anfängt gibt es so bald kein Aufhören mehr. Deshalb zieht die Jokey Group auch kein Fazit: Es geht ja immer noch weiter. Was sich aber heute schon sagen lässt: Jokey hat die Effizienz im Beschaffungsbereich deutlich gesteigert sowie operative Einkaufsressourcen in dringend benötigte strategische Initiativen überführt. Lieferantenbeziehungen sind einfacher und flexibler, auch die Einkäufer zeigen sich zufriedener – und stärker eingebunden. Und ja, das alles führt zu den gewünschten positiven wirtschaftlichen Effekten.