Was ist Reverse-Factoring und wie läuft es ab?

Reverse-Factoring wird auch als Einkaufs- oder Lieferantenfinanzierung bezeichnet. Dabei geht die Initiative vom Abnehmer aus, also dem Unternehmen, das Waren oder Dienstleistungen von einem Lieferanten beziehen will. Dieser Abnehmer sorgt dafür, dass ein Factor (Zwischenfinanzierer) seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Lieferanten vorstreckt. Das herkömmliche Factoring-Verfahren, bei dem ein Lieferant seine offenen Rechnungen an einen Factor verkauft, wird gewissermaßen umgekehrt (engl.: „reverse“).

Beim Reverse-Factoring trifft der Abnehmer zunächst eine Vereinbarung mit einem Factor-Dienstleister. Dieser soll die Lieferantenrechnungen innerhalb der festgelegten Zahlungsfrist begleichen. Anschließend bestellt der Abnehmer die gewünschten Waren oder Dienstleistungen. Nach der Lieferung überprüft der Abnehmer die Rechnungen und leitet sie an den Factor weiter, der den fälligen Betrag an den Lieferanten überweist. Der Abnehmer hat nun eine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Factor, mit dem er ein längeres Zahlungsziel vereinbart als mit Lieferanten. Der Käufer hat also mehr Zeit, die Rechnung zu begleichen. Das Ausfallrisiko gegenüber dem Lieferanten trägt der Factor.

Für das Reverse-Factoring wird ein umfangreiches Vertragswerk zwischen Abnehmer und Factor aufgesetzt, in manchen Fällen kommt auch der Lieferant hinzu. Pro Lieferant ist ein eigener Vertrag nötig. In der Regel werden dann sämtliche Rechnungen dieses Lieferanten an den Abnehmer per Reverse-Factoring abgewickelt, eine Vereinbarung nur für einen Teil der Rechnungen ist nicht möglich.

Das Volumen von Reverse-Factoring hat in den vergangenen Jahren weltweit stetig zugenommen. Denn das Verfahren bietet Vorteile für beide Seiten.
 

Das sind die Vorteile des Reverse-Factoring für die Abnehmer

Die Unternehmen, die das Reverse-Factoring initiieren und nutzen, profitieren von diesen Vorteilen:

  • Es sind längere Zahlungsziele möglich, teilweise bis zu 120 Tage. Dadurch können die Verpflichtungen gegenüber dem Factor ggf. aus den eigenen Zahlungseingängen erfüllt werden, die eigene Liquidität wird gestärkt.
  • Trotz eines langen Zahlungsziels können Skonti beim Lieferanten ausgehandelt werden, da die Rechnungen dennoch schnell beglichen werden.
  • Die schnelle Rechnungsbegleichung stärkt die Liquidität des Lieferanten und damit die Stabilität der Lieferkette.
  • Die Finanzierung erfolgt unabhängig von Banken und Kreditinstituten, die eigene Kreditlinie bleibt somit unangetastet.
  • Die Bilanzstruktur wird gestärkt, da die Rechnungen der Lieferanten schnell bezahlt werden.
     

Das sind die Vorteile des Reverse-Factoring für die Lieferanten

Der größte Nutzen für den Lieferanten beim Reverse-Factoring liegt auf der Hand: Seine Rechnungen werden schnell und vollständig beglichen, ohne dass er dafür etwas tun muss. Doch das Verfahren bietet ihm noch weitere Vorteile:
 

  • Die schnelle Rechnungsbegleichung stärkt die eigene Liquidität, eigene Verbindlichkeiten können schneller bezahlt werden.
  • Das Risiko eines Zahlungsausfalls trägt der Factor.
  • Die Kosten beim Factoring trägt der Abnehmer, nicht der Lieferant.
     


Für welche Unternehmen eignet sich Reverse-Factoring?

Reverse-Factoring ist unter anderem für Unternehmen attraktiv, deren eigene Produktion besonders abhängig von zuverlässigen Lieferketten ist. Deshalb nutzen vor allem Industriebetriebe dieses Modell. Sie haben häufig einen hohen Kapitalbedarf, zum Beispiel für Investitionen, Dividenden oder die Bedienung von Krediten. Reverse-Factoring ist hierbei ein interessantes Finanzierungsmodell für den Einkauf.

Einen Vorteil bringt Reverse-Factoring auch für Unternehmen, die Teil einer mehrgliedrigen Lieferkette sind. Diese müssen teilweise besonders lange Zahlungsziele einräumen, da die Kunden ihrerseits von der Rechnungsbegleichung weiterer Abnehmer abhängig sind. Reverse-Factoring eröffnet ihnen eine Möglichkeit, die Rechnungen der eigenen Lieferanten in der Zwischenzeit zu begleichen.

Allerdings: Da der Factor beim Reverse-Factoring das Ausfallrisiko übernimmt, sind die Anforderungen an die Bonität des Abnehmers hoch. Die Konditionen für die Lieferantenfinanzierung können davon maßgeblich beeinflusst werden. Deshalb sollte man sich vor dem Abschluss eines Vertrags umfassend beraten lassen.

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