Logistikbranche ein Nachzügler bei der digitalen Transformation?

Obwohl die Vorteile einer digitalisierten Lieferkette kaum noch in Zweifel gezogen werden, galt die Logistikbranche lange Zeit als Nachzügler bei der digitalen Transformation. Nicht nur die Datenschutzbestimmungen ließen viele Unternehmen zögerlich agieren, sondern vor allem technische Hürden. Denn viele Akteure entlang der Lieferketten waren einfach noch nicht so weit, dass sie die geforderten digitalen Daten liefern konnten.

Doch die Branche hat die Zeichen der Zeit erkannt. Schon 2019 hatten laut einer PWC-Umfrage bereits 60 Prozent von 2.000 teilnehmenden Unternehmen mit der Digitalisierung strategischer Beschaffungsprozesse begonnen. 78 Prozent der Unternehmen planten weiterhin erhebliche Investitionen in die digitalen Technologien. Deutschland war bei der Digitalisierung der Beschaffung im europäischen Schnitt übrigens der Spitzenreiter.
 

Bitkom-Studie: Erst 60 Prozent der Transportdokumente sind maschinenlesbar

Auch der Digitalverband Bitkom hat in einem aufwendigen Praxisversuch untersucht, wie weit die vollständige Digitalisierung der Lieferkette bereits fortgeschritten ist. Mitarbeiter haben einen Container mittels GPS-Trackern und Datenplattformen auf seinem Weg von Bremerhaven über Portugal nach Kanada verfolgt. Auf seiner Reise wurden an zehn Stellen Dokumente ausgetauscht, von denen nur sechs ausschließlich in elektronischer und maschinenlesbarer Form zur Verfügung gestellt wurden. Häufig würden verschiedene IT-Systeme noch parallel laufen, ein vollständiger Datenaustausch fände dann nicht statt.

 

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Genauere Daten zu Planung und Nachfrage

Dabei sind die Vorteile digitaler Lieferketten gewichtig und vielfältig. Allen voran steht der Zeitgewinn – Produkte werden in der Regel schneller zum Zielort transportiert. Gerade bei verderblichen Waren, beispielsweise in der Lebensmittelindustrie, ein entscheidender Pluspunkt.

Auch die höhere Transparenz innerhalb des Lieferantengeflechts, die durch eine digitale Datenauswertung in Echtzeit maximiert wird, zählt zu den wesentlichen Vorteilen. Im Zusammenspiel mit maschinellem Lernen und digitalen Analysemöglichkeiten gestattet sie eine genauere Datenerfassung zu Planung und Nachfrage und trägt dazu bei, Probleme in der Supply Chain schneller zu identifizieren. Das sorgt für resiliente und flexible Netzwerke. Der manuelle Datenaustausch ist im Vergleich nicht nur deutlich aufwendiger, sondern auch anfälliger für Fehler.

Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie verwundbar globale Lieferketten sind. Unsicherheiten etwa durch Kapazitätsengpässe könnten durch Big-Data-Analytics reduziert werden. Unternehmen stünden dann aktuelle Daten über die globale und regionale Entwicklung der Pandemie zur Verfügung. Sogar Empfindungen der jeweiligen Bevölkerung lassen sich erheben, etwa durch eine Analyse des Suchverhaltens im Internet. Dadurch lassen sich sowohl wahrscheinliche als auch Worst-Case-Szenarien konstruieren, aus denen Unternehmen dann Maßnahmen hinsichtlich Bestandsplanung, Lieferantenmanagement und Produktionsbetrieb ableiten könnten. Und mithilfe von Digital Twins lassen sich Störungen der Lieferkette und deren Auswirkungen vor Ort simulieren.
 

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Transportprozesse können digital synchronisiert werden

Transportprozesse in der Logistik vereinen viele Teilnehmer, Transportwege und die verschiedensten Transportmittel. Digitale Supply-Chain-Management-Lösungen helfen, diese Prozessschritte zu synchronisieren. So sind bereits Frachtvermittlungsplattformen etabliert, die durch cloudbasierte Systeme eine effiziente Auslastung der Transportmittel garantieren. Moderne Telematiksysteme mit integrierter Routenoptimierung haben in der ersten Phase der Corona-Pandemie bereits zu Lösungen beigetragen. Denn wurden Strecken digital gespeichert, konnten auch Fremdfahrer sie ohne Schwierigkeiten abfahren. Das Tracking von Liefermedien und Fahrzeugen profitiert ebenfalls von digitalen Lösungen.

Und werden überflüssige Transporte vermieden, Lieferwege optimiert sowie Kapazitäten von Transportbehältern besser ausgelastet, verringern sich natürlich auch die Arbeitskosten innerhalb der Supply Chain.

Ersatzteile dank 3D-Technologie selbst produzieren

In vielen Branchen besteht ein Großteil der Lieferungen aus Ersatzteilen. Die Nachfrage ist mittel- und langfristig kaum abschätzbar. Hohe Lagerbestände sind deshalb unentbehrlich, um keinen Produktionsausfall zu riskieren. In einer digitalen Lieferkette sorgen vorausschauende Analysen für umgehende Benachrichtigungen, sollte Bedarf an Ersatzteilen bestehen. 3D-Technologie kann hier zu einem kompletten Umdenken führen: Durch 3D-Druck lassen sich benötigte Ersatzteile innerhalb kürzester Zeit selbst herstellen, sofern das Material für die Produktion, Entwürfe der Ersatzteile und die entsprechende Software vorhanden sind. Auch wenn die Investitionen in diese Technologie nicht unerheblich sind, amortisieren sie sich schnell durch geringe Lagergebühren und reduziertes Warenhandling.

Digitale Lösungen für mehr Nachhaltigkeit

Unternehmen erkennen zunehmend, dass nachhaltiges Handeln von Geschäftspartnern und Verbrauchern in immer stärkerem Maße eingefordert wird und somit ein grundlegender Bestandteil ihrer Geschäftsstrategie sein sollte. Beim Streben nach mehr Nachhaltigkeit können digitale Technologien im Supply Chain Management entscheidende Vorteile bringen.

Die oben erwähnte Transparenz ist Grundvoraussetzung für eine stärkere Nachhaltigkeit entlang der Lieferkette. Denn nur wer transparent abbildet, wer in welchen Lieferketten wo involviert ist, woher die Rohstoffe für Produkte stammen und unter welchen Bedingungen in den Herstellerländern gearbeitet wird, kann die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards umfassend gewährleisten.

Außerdem wird beispielsweise der CO2-Ausstoß verringert, wenn Routen optimal geplant werden und Fahrer ihre Strecken auf dem kürzesten Weg abfahren können. Digitale Belege reduzieren Abfall, überflüssige Einsatzzeiten von Maschinen werden vermieden.

Digitale Technologien optimieren zusätzlich die Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren der Lieferketten, was wiederum zur Entwicklung von langfristigen Lieferantenbeziehungen beiträgt. Und solche vertrauensvollen Beziehungen sind vorteilhaft, um bei den Produzenten Einfluss auf Nachhaltigkeitsmaßnahmen nehmen zu können.