Natürlich wissen Sie als Mensch der Praxis den Stellenwert solch theoretischer Überlegungen richtig einzuschätzen und halten sich deshalb an die Tatsachen. Und die können sich schneller verändern, als Sie mit Teillösungen gegen Teilprobleme zur Gesamtlösung kommen. Deshalb wollen wir Sie ermuntern, praktische Möglichkeiten zur Optimierung der Lagerhaltung in Betracht zu ziehen. Mit 5 Fragestellungen und einer Checkliste kommen Sie zum Ziel. 

1. Hinterfragen Sie den Bedarf

Lagerhaltung kostet viel Geld und bindet Kapital, das für andere Aufgaben dringend benötigt wird. Deshalb ist die Frage, warum und in welchem Umfang benötigte Waren bevorratet werden, von entscheidender Bedeutung. Selbstverständlich gibt es Komponenten, die unbedingt auf Lager liegen müssen, damit Produktionsprozesse ungestört laufen können, die Qualität garantiert wird oder Einkaufsvorteile wahrgenommen werden können.

Doch die Beschaffungswege und -prozesse haben sich verändert. E-Procurement, kurze Lieferzeiten und die Bildung von Lieferketten erleichtern die punktgenaue Beschaffung ohne Lagerhaltung. Das macht eine eigene Lagerhaltung nicht überflüssig, kann aber zu einer Optimierung führen, wobei Lagermengen reduziert und Kosten eingespart werden. 

2. Vereinfachen Sie die Bestell- und Lieferprozesse

Komplizierte Bestell- und Lagerhaltungsvorgänge beruhen auf Sicherheitsaspekten. Der Bestellvorgang läuft über verschiedene Abteilungen, die Lieferung und Lagerung ebenfalls und die Ausgabe in den Produktionsprozess unterliegt wiederum anderen Vorgaben. Sinnvoll wäre es, Verantwortlichkeiten zu bündeln, die Vorgänge transparent zu gestalten und die organisatorischen Prozesse zu verschlanken.

Das bedeutet, in kompetentes Personal zu investieren statt in aufwendige Kontrollmechanismen. Dezentralisierte Verantwortung und verteilte Kompetenzen beschleunigen alle organisatorischen Prozesse, schaffen Zufriedenheit und Motivation und machen teure Überwachungsprozesse überflüssig. Beschleunigte Abläufe senken den erforderlichen Lagerbestand und die logistischen Voraussetzungen. 

3. Setzen Sie auf die Kooperation mit Partnern

Sie sind mit Ihrer Optimierung der Lagerkosten nicht alleine. Jedes Unternehmen ist aufgefordert, seine Kostenstrukturen zu optimieren, und dabei spielen die Lagerkosten eine entscheidende Rolle. Suchen Sie deshalb die Kooperation mit anderen Unternehmen. Nicht unbedingt mit dem Konkurrenten in der Nachbarschaft, wohl aber mit Unternehmen, die ein ähnliches Arbeitsfeld bedienen. Zum Beispiel sollte es Maschinenbauunternehmen möglich sein, für ähnliche oder gleichartige Zulieferprodukte Logistikunternehmen zu finden, die künftig die Lagerhaltung für alle Partner übernehmen.

Dies könnte nicht nur die eigene Lagerhaltung reduzieren oder gar überflüssig machen. Es ließen sich so auch Vorteile durch gemeinsamen Einkauf erreichen, etwa durch Mengenrabatte und Boni. 

4. Bilden Sie mit Partnern Supply-Chains

Wenn der Gedanke der partnerschaftlichen Logistik-Lösungen einmal verankert ist, lassen sich leicht neue und erweiterte Formen der Zusammenarbeit finden. Ein Logistik-Dienstleister, der von festen Kooperationspartnern gemeinsam genutzt wird, kann ja noch viele weitere Aufgaben übernehmen. Zum Beispiel die Ersatzteilversorgung der Kunden, Grundformen der Wartung oder die Auslieferung Ihrer Produkte.

Wenn die Ängste erst einmal überwunden sind und die Vorteile einer weit gefassten Kooperation zum Tragen kommen, werden finanzielle, technische oder organisatorische Ressourcen frei, die dem Unternehmen für seine Weiterentwicklung entscheidende Impulse geben können. 

5. Machen Sie Unternehmensprozesse transparent

Transparenz ist in einem Unternehmen das A und O. Es ist von großem Vorteil, wenn neben dem Materialfluss vor allem auch der Informationsfluss stets nachvollziehbar ist. Dazu ist es hilfreich, Prozesse gemeinsam im Team zu beleuchten und zu optimieren. Bilden Sie daher mit Ihren Mitarbeitern Arbeitsgruppen und diskutieren Sie über neue Lösungen. Gemeinsam werden Sie nicht nur die Kosten für die Lagerhaltung verringern, sondern parallel auch die Arbeitsmotivation und die Identifikation mit dem Unternehmen steigern. 

Optimierte Lagerhaltungskosten – Checkliste

  1. Klären Sie die Voraussetzungen (Gründe) für die Lagerhaltung in Ihrem Unternehmen:
    • Gibt es eine garantierte Verfügbarkeit, damit Produktionsprozesse nicht gefährdet werden?
    • Gefährden komplizierte Beschaffungswege, lange Lieferzeiten, Lieferkonditionen und unvorteilhafte Preise die Beschaffung?
    • Müssen die Produkte für die Ersatzteilhaltung oder aufgrund vertraglicher Vorgaben bevorratet werden?
  2. Prüfen Sie das Mengengerüst der erforderlichen Bevorratung:
    • Welche Teile und Komponenten werden regelmäßig benötigt, welche eher selten?
    • Wie oft werden die am häufigsten benötigten Komponenten umgeschlagen?
    • Welches sind die Komponenten mit dem längsten Umschlag-Intervall?
  3. Ermitteln Sie den Komplexitätsgrad der Beschaffung:
    • Sind die Komponenten Sonderanfertigungen?
    • Sind die eingelagerten Komponenten Serienteile oder Normteile, die kurzfristig bezogen werden können?
    • Gibt es einen Beschaffungsmarkt für die Komponenten?
  4. Erkunden Sie, ob Sicherheitsvorgaben eine Bevorratung erfordern:
    • Besteht die Anforderung für besonderen Schutz des produktspezifischen Know-hows?
    • Gibt es vertragliche Sicherheitsbestimmungen?
    • Besteht eine Gefährdung bei Missbrauch oder nicht autorisierter Nutzung?
  5. Prüfen Sie die Möglichkeiten externer Lagerhaltung:
    • Welche Komponenten können / können nicht extern bevorratet werden?
    • Gibt es Komponenten, die jetzt schon extern gelagert werden?
    • Gibt es in Ihrer Nähe Dienstleister, denen Sie die Lagerhaltung übertragen können?
  6. Prüfen Sie, ob Kooperationspartner für eine Zusammenarbeit im Bereich der Lagerhaltung verfügbar sind:
    • Arbeiten Sie mit anderen Unternehmen in der Produktion zusammen?
    • Haben Sie Kooperationspartner im Bereich Montage, Wartung, Kundendienst?
    • Können Sie sich eine Kooperation in einer gemeinschaftlichen Lagerhaltung vorstellen?

Fazit:

Die Lagerhaltung von Materialien und Komponenten kann ein entscheidender Vorteil im Wettbewerb sein. Sie kann aber auch ein unangenehmer und gefährlicher Kostenfaktor sein. Deshalb gibt es keine Patentrezepte, um die Kosten der Lagerhaltung zu optimieren, das heißt, zu senken. Es gilt zu hinterfragen, ob die bestehende Lösung mit einem eigenen Lager oder mehreren Lagern kostenmäßig zu rechtfertigen ist. 

Das Einwirken von Lieferanten auf die Beschaffung nimmt durch die Verknüpfung aller Daten zu. Hinter der Idee von Industrie 4.0 sind vor allem Lösungen zu finden, die Beschaffungsvorgänge schneller und effizienter machen. Dabei kann es sinnvoll sein, die eigene Lagerhaltung auch für andere Unternehmen zu öffnen und so aktiv an der Verteilung von Waren teilzunehmen. Aber es muss auch möglich sein, den umgekehrten Weg zu gehen und die eigene Bevorratung auf ein Minimum zu begrenzen.

Welche Variante zum Tragen kommt, hängt von den Fähigkeiten des Unternehmens, seiner technischen und organisatorischen Ausrichtung und von den personellen Strukturen ab. In jedem Fall darf die bestehende Lösung nicht sakrosankt sein.