Herr Jupe, Wie wichtig ist es, sich gut auf ein Gespräch vorzubereiten?

Dieter Jupe: Eine gute Vorbereitung ist die Hälfte der Miete. Ich überlege mir vor der Verhandlung, welche Fragen ich klären möchte, und definiere mein Maximumziel, was ich im besten Fall erreichen möchte. Ebenso wichtig ist mein Minimumziel. Sonst befinde ich mich im Blindflug, weil ich meine Verhandlungsspanne nicht kenne. Bin ich zu Konzessionen bereit? Wenn ja, gilt die Faustregel: Gebe ich nach, muss eine Gegenkonzession erfolgen. Beide geben und nehmen – das ist Verhandlung. Sich gut vorzubereiten bedeutet deshalb auch, sich einerseits auf die Person und ihr Unternehmen vorzubereiten und zu überlegen, welche Ziele sie verfolgt. Andererseits muss mir vorher klar sein, welche Informationen ich preisgeben möchte und welche auf keinen Fall. Eine gute Vorbereitung ist der erste Schritt, um einen eigenen Stil zu entwickeln.

Das Gespräch beginnt. Mit welcher Verhandlungstaktik überzeuge ich?

Ich spreche eher von Technik. Die meisten Unternehmer wollen langfristig zusammenarbeiten. Dafür benötigen sie gute Kommunikationstechniken und ein faires Miteinander. Dazu gehört eine verständliche Sprache, die klar auf das Ziel ausgerichtet ist. Viel fragen, Gesagtes wiederholen und zusammenzufassen. Mit diesem Fragenstellen und Paraphrasieren lenke ich das Gespräch und zeige zugleich, dass ich sehr genau zuhöre. Das empfindet mein Gesprächspartner als wertschätzend. Ich kann in der Sache hart sein, aber weich zum Menschen. Genau da setzt auch die »Harvard­Methode« an. Sie geht davon aus, dass die Verhandlungspartner eine ‚Win­win­Lösung’ anstreben, also beide das bekommen, was sie sich wünschen. Je mehr ich diese Technik verinnerliche, desto besser verstehe ich meinen Verhandlungspartner, seine Ziele und Interessen dahinter.

 

 

Es klappt nicht. Der andere fordert zu viel …

Auch wenn ich einen Deal möchte, gehe ich nicht um jeden Preis auf alle Forderungen ein. Wird ein Nachlass gefordert, erfrage ich eine Gegenkonzession – also eine Reduzierung der Leistung. 

Was tue ich, wenn mich mein Verhandlungspartner in die Ecke drängt?

Dann habe ich zwei Möglichkeiten: Gedanklich sofort auf die Bremse treten, tief Luft holen und beginnen, Fragen zu stellen oder auch die Verhandlung abzubrechen. Daran denken viele nicht, weil sie den Auftrag unbedingt wollen. Aber es ist immer eine Option. Das heißt nicht, dass es zu einem späteren Zeitpunkt nicht weitergeht.

Und die andere Möglichkeit?

Wenn es verbal nicht weitergeht, kann es helfen, das Reden einzustellen und die Situation zu visualisieren. Diese Möglichkeit wird selten genutzt, aber Bilder wirken direkter als Worte. 

Ich habe das Gefühl, manipuliert zu werden. Wie kann ich diesen Teufelskreis durchbrechen?

Formulierungen wie »Sie denken doch auch, dass …« sind Suggestivtechniken oder »Ja­sage­Ketten«. »Salami­Taktik« und »Good guy, bad guy« sind andere Manipulationstechniken. Sobald ich merke, dass der andere Suggestivfragen stellt, schalte ich sofort in den Fragemodus um und spiele den Ball zurück. So durchbreche ich das Muster und gewinne wieder Verhandlungsmacht zurück.

Sind Fragen immer eine gute Technik?

Ja, eine ganz hervorragende, denn wer fragt, der führt!

Häufig geht es bei Verhandlungen ums Geld. Wie handelt man einen guten Preis aus?

Ich muss mir im Vorfeld meine Verhandlungsspanne überlegen und unterschreite nicht mein Minimalziel. Abgesehen von wirtschaftlichen Nachteilen lernt mein Unterbewusstsein sonst, dass es sich nur um eine variable Grenze handelt. Das schwächt mich als Person und meine Haltung in künftigen Verhandlungen.

Gibt es körperliche Signale, die mir etwas über die Taktik des anderen verraten?

Es gibt viele nonverbale Zeichen, aber Verhandler sind gut geschult darin, sie zu verbergen. An der Körpersprache kann ich jedoch gut ablesen, wie sicher und entspannt mein Verhandlungspartner ist. Umso besser, wenn ich wenig rede, dafür viel frage. Das gibt mir Zeit, den anderen zu beobachten, und ich sehe, wann er unsicher wird, zögert oder nicht gut vorbereitet ist.

Kann ich durch meine Körpersprache beeinflussen?

Natürlich. Zum Beispiel wenn Sie machtvoll auftreten. Sich aufstützen, nach vorne lehnen. Dann dominieren Sie die Verhandlung. Das kann den Partner einschüchtern. 

Kann man das üben?

Sämtliche Techniken lassen sich in Seminaren lernen und dann zu Hause vorm Spiegel trainieren. Grundsätzlich gilt, gerade zu sitzen und die Energie auf das Sprechen zu lenken. Wer aufrecht sitzt und die Bauchmitte streckt, hat gleich eine ganz andere Dynamik in der Stimme. Es zählen nicht nur gute Argumente, sondern auch die Art, wie man sie vorbringt. Allerdings müssen Gestik, Mimik und Körper eine Einheit bilden. Sonst wirkt man unglaubwürdig. Eine gute Technik vermag viel, doch lebt eine gute Verhandlung auch immer von der Persönlichkeit.

Herr Jupe, vielen Dank für das Interview!
 

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