• Die Skepsis überwiegt: Migration ist für 52 Prozent der befragten Geschäftsführer und Manager kein Problemlöser für die unbesetzten Stellen in Deutschland 
  • Regionale Unterschiede: Im Osten Deutschlands sind die Vorbehalte am stärksten ausgeprägt, im Norden am wenigsten
  • Uneinigkeit branchenübergreifend: Industrie, Handel und Dienstleistung sind uneins in der Beurteilung

Jüngst meldete das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, dass es 2016 knapp eine Million unbesetzte Stellen in Deutschland gibt. Für rund zwei Drittel der Stellen ist eine Berufsausbildung erforderlich, in 16 Prozent der Fälle sogar ein akademischer Abschluss. Jede fünfte Stelle kommt auch für Ungelernte in Frage. Das Gros der offenen Stellen stellt der Mittelstand. Kann der deutsche Mittelstand von der Migration profitieren? Sind Migranten in der Lage, diese Lücke zu schließen? Mit diesen Fragen setzt sich eine Studie von TNS Emnid unter 1.000 Geschäftsführern und Managern deutscher KMU im Auftrag des führenden B2B-Marktplatzes „Wer liefert was“ auseinander. 


Bedenken bleiben

Der Fachkräftemängel in Deutschland bleibt mittel- bis langfristig ein Problem, das sich im Zuge des demografischen Wandels noch intensivieren wird. Die Einwanderung könnte dort Abhilfe schaffen. Die Geschäftsführer und Manager deutscher KMU sind jedoch eher skeptisch, ob die aktuelle Migration imstande ist, die Aufgabe des Fachkräftemangels bewältigen zu können – 52 Prozent der Befragten zweifeln das an.

Aktuell scheint die Einschätzung der Befragten richtig. Bislang sind laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung lediglich zehn Prozent der seit 2015 nach Deutschland gekommenen Menschen in einem festen Arbeitsverhältnis. Ein Großteil der Jobs besteht zudem aus unbezahlten Praktika oder geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen. Die eingewanderten Personen konnten offensichtlich noch nicht für eine Entlastung des Arbeitsmarktes sorgen. Allerdings prognostiziert das Institut, dass binnen der nächsten fünf Jahre jeder zweite Einwanderer, der seit 2015 nach Deutschland kam, Fuß auf dem Arbeitsmarkt gefasst haben wird. Immerhin 39 Prozent der Geschäftsführer deutscher KMU teilen die Einschätzung des Instituts; grundsätzlich sehen sie in der Zuwanderung eher großes Potenzial für den Ausgleich des Fachkräftemangels und für die geringqualifizierten Stellen. Allerdings ist über die Hälfte der Befragten anderer Auffassung.

Peter F. Schmid, Geschäftsführer von „Wer liefert was“ registriert die Ambivalenz in der Einschätzung bei den Befragten und richtet zugleich einen Appell an die Verantwortlichen des Mittelstandes: „Die Untersuchung deckt einen eklatanten Widerspruch auf: Einerseits sehen KMU den Vorteil, dass durch die Einwanderung ausländischer Fachkräfte die offenen Stellen besetzt werden könnten. Andererseits sind die Migranten noch nicht in der Arbeitswelt des deutschen Mittelstands angekommen. Ausbildungs- und Sprachbarrieren verhindern aktuell eine schnellere und erfolgreiche Integration. Hier sind Staat und Unternehmen gleichermaßen gefordert, entsprechende Fördermaßnahmen zu schaffen.“ 


Im Osten sind die Bedenken größer

Die Ergebnisse der Umfrage von Emnid und „Wer liefert was“ weisen regionale Unterschiede innerhalb Deutschlands auf. Mehr als die Hälfte der Geschäftsführer der KMU aus dem Osten der Republik (56 Prozent) sehen in der Zuwanderung noch weniger Potenzial, den in der Bundesrepublik herrschenden Fachkräftemangel zu kompensieren. Lediglich 40 Prozent betrachten die Migration als mögliche Lösung. Damit sind die Vorbehalte im Osten gegenüber Migration als potenzielle Lösung für den Fachkräftemangel am stärksten ausgeprägt. Der Norden Deutschlands hat die optimistische Haltung, 48 Prozent meinen die Migration böte große Chancen. Der Westen und der Süden Deutschlands unterscheiden sich minimal – 46 Prozent – von der Einschätzung der Geschäftsführer im Norden.


Branchen sind gespalten

Die uneinige Betrachtung zieht sich ebenso durch die unterschiedlichen Geschäftszweige der befragten Geschäftsführer. Das Dienstleistungsgewerbe ist klar geteilter Meinung zum Thema Migration: Je 48 Prozent sehen in der Einwanderung postive sowie negative Chancen. Bei Industrie und Handel sind die Vorbehalte am stärksten ausgeprägt. In beiden Branchen sieht mehr als die Hälfte – 53 Prozent – eher geringe bis gar keine Chancen, dem Fachkräftemängel mittels Migration Herr zu werden. 44 Prozent (Industrie) und 45 (Handel) stehen dem mit einer positiven Einschätzung gegenüber.


Rahmendaten der Studie:

Auftraggeber: „Wer liefert was“

Umfrageinstitut: TNS Emnid

Zielpersonen und Grundgesamtheit: 1.000 Mitglieder der Geschäftsleitung oder deren Vertreter aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)

Methode: telefonische Exklusivbefragung

Befragungszeitraum: 01. September – 19. Oktober 2016

Befragte Branchen: Industrie, Handel, Dienstleistung

Auswertung nach Mitarbeiteranzahl (unter 100 / über 100) und Regionen (Norden, Osten, Süden, Westen) sowie nach Branchen