Die wirtschaftliche Lage der Türkei

Recep Tayyip Erdogan bleibt Präsident der Republik Türkei. Diese Funktion hat er seit 28. August 2014 inne. Während seiner Amtszeit wollte der Präsident sein Land in die „Top Ten“ der weltgrößten Wirtschaftsnationen bringen. Dieser Plan ist bislang nicht aufgegangen. Im Gegenteil: In der Rangliste ist die Türkei mittlerweile von Platz 17 auf 19 abgesackt. Ähnliches gilt für das Pro-Kopf-Einkommen von 25.000 US-Dollar, das Erdogan seinen Bürgern in Aussicht gestellt hatte. Tatsächlich aber ist es von 11.300 auf 9300 US-Dollar gesunken.

Das ist für viele Menschen in dem Land ein großes Problem, denn gleichzeitig hat ihre Kaufkraft deutlich abgenommen. Seit 2021 verliert ihre Währung an Wert. Gegenüber dem Euro um gut die Hälfte. Im Oktober 2022 erreichte die Inflation der türkischen Lira mit 80 Prozent eine Höchstmarke. Im April 2023 betrug die Rate noch 44 Prozent. „Dadurch werden Importe teurer, insbesondere von Energie“, sagt dazu Thilo Pahl, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer AHK Türkei.

Von den konkreten, negativen wirtschaftlichen Umständen abgesehen leidet das Land weiterhin unter den Folgen eines starken Erdbebens im Februar 2023. Dabei starben im Süden des Landes 50.000 Menschen, drei Millionen flüchteten aus der Region. Pahl: „Die Kosten für den Wiederaufbau werden für die Türkei auf rund 100 Milliarden US-Dollar geschätzt. Das entspricht 11 Prozent des türkischen Bruttoinlandsprodukts. Die Türkei wird für eine längere Zeit auf weitere Unterstützung aus dem Ausland angewiesen sein.“
 

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Deutschland ist nicht mehr Handelspartner Nummer eins

Für die Türkei war Deutschland lange Zeit der wichtigste Handelspartner bei Import und Export. Das hat sich geändert: 2022 hat Russland die Poleposition von der Bundesrepublik übernommen. Der Warenwert des Handels zwischen der Türkei und Russland betrug in dem Jahr voraussichtlich 62 Milliarden US-Dollar. Mit Deutschland tauschte die Türkei Güter im Wert von 40,9 Milliarden US-Dollar. Das belegen vorläufige Daten des türkischen Statistikamts TÜIK zum Außenhandel des Landes zwischen Januar und November 2022.

Auch China mischt dabei vorn mit. Das Land machte in der Zeitspanne mit der Türkei Geschäfte im Umfang von 40,6 Milliarden US-Dollar und bedroht damit den zweiten Platz Deutschlands.

Dennoch: Für die Türkei bleibt Deutschland das wichtigste Exportland. Viele deutsche Unternehmen beziehen Waren und Teilprodukte aus der Türkei. Etliche stellen dort selbst her. Das liegt auch am Trend zum Nearshoring, der durch die Corona-Pandemie ausgelöst worden ist.

Ein weiterer Pluspunkt ist, dass wegen der Inflation Waren aus der Türkei vergleichsweise günstig sind. Das gilt ebenso für die Produktion dort. Auch die Verfügbarkeit von Arbeits- und Fachkräften ist gut. Pahl sagt hinsichtlich des Engagements deutscher Firmen in der Türkei: „Im vergangenen Jahr lagen die Direktinvestitionen bei knapp 700 Millionen US-Dollar. Das ist der zweithöchste Wert in den letzten 13 Jahren.“
 


Der Handel bleibt umständlich

Eine Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union (EU) ist nach der Wiederwahl von Recep Tayyip Erdogan weiter in die Ferne gerückt. Somit dürfte es bei der Zollunion und diversen Präferenzregelungen zwischen der Türkei und der EU bleiben. Für deutsche Logistiker wird sich deshalb nach dem Urnengang kaum etwas ändern. „Aus unserer Perspektive ist nicht ersichtlich, dass sich die Wahlentscheidung in der Türkei maßgeblich auf die Logistikbranche auswirken wird“, sagt dazu Marcel Kohl, Sprecher beim DSLV Bundesverband Spedition und Logistik e. V.

Die Zollunion betrifft die meisten gewerblichen Waren. Ausgenommen davon sind landwirtschaftliche Grunderzeugnisse sowie EGKS-Waren (Kohle und Stahl) für die Präferenzregelungen bestehen. Das heißt, dass EU und die Türkei für diese Güter einander einen zollbegünstigten Zugang einräumen.

Logistiker haben die Wahl zwischen schneller, aber vergleichsweise teurer Luftfracht, einer günstigeren, jedoch langsamen Landfracht sowie der Seefracht, die sich für große Mengen und sperrige Güter anbietet.

Für die Zollabwicklung sind mehrere Arten von Frachtpapieren vorzulegen: Handelsrechnung, Packliste, Frachtbrief (B/L, CMR, AWB), Ursprungszeugnis. Das macht die Arbeit deutscher B2B-Unternehmen nicht leichter. So schreibt beispielsweise die IHK Stuttgart: „Aufgrund zahlreicher handelspolitischer Maßnahmen und umfangreicher Sonderzölle und Ausgleichszölle, die in der Türkei erhoben werden, ist es nicht immer einfach, den oder die notwendigen Nachweise herauszufinden. Es können mehrere unterschiedliche Nachweise pro Sendung erforderlich sein.“

Zu beachten sind gesonderte Regelungen für bestimmte Warengruppen. Dazu zählen beispielsweise Lebensmittel, für die Lebensmittelsicherheits- und Hygienevorschriften einzuhalten sind. Textilien müssen mit Informationen zur Materialzusammensetzung sowie mit Pflegehinweisen ausgestattet sein.

Detailliertere Informationen zur Abwicklung des Warenverkehrs bietet Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH online unter „Zoll und Einfuhr kompakt – Türkei“.