Brexit: Der aktuelle Stand
 

Am 31. Januar 2020 ist das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union ausgetreten. Bis zum Ende des Jahres 2020 galt zwischen Großbritannien und der EU allerdings noch eine Übergangsfrist. Die ist nun vorbei: Seit dem 1. Januar 2021 ist das Land nicht mehr Teil des EU-Binnenmarktes und der Zollunion. Das hat in erster Linie Folgen für Unternehmen mit britischen Geschäftskontakten, denn in einigen Bereichen kommen nun umfangreiche Änderungen auf sie zu.

Diese hat die EU in Übereinkunft mit dem Vereinigten Königreich in drei Abkommen über die zukünftige Zusammenarbeit festgehalten. Sie sehen in erster Linie eine umfassende Wirtschaftspartnerschaft beider Parteien vor. Schon Mitte des Jahres 2020 hatte die EU eine Checkliste für Unternehmen konzipiert, die Handlungsempfehlungen für den Warenverkehr und für die Erbringung von Dienstleistungen enthält.


So stark sind die Lieferketten vom Brexit betroffen
 

Der Brexit birgt unvorhersehbare Störungen in der Lieferkette, die innerhalb der ersten Wochen auch schon eingetreten sind. So war der grenzüberschreitende Warenaustausch deutlich niedriger als üblich. Lieferungen, die vorher einen Tag gedauert hatten, dauern aufgrund der neuen bürokratischen Anforderungen nun teilweise drei Tage. Vor allem die Teilbereiche Einkauf und Logistik sollten sich also angemessen aufstellen, um vor den Folgen auch im ungünstigsten Fall gewappnet zu sein – das erfordert ein vorausschauendes Management.

Laut dem Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sind etwa 40.000 Unternehmen aus Deutschland betroffen, die Waren aus Großbritannien importieren. Nach Schätzungen des DIHK kommen durch den Brexit mindestens 500 Millionen Euro Zusatzkosten auf deutsche Unternehmen zu.

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Laut dem Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sind etwa 40.000 Unternehmen aus Deutschland betroffen, die Waren aus Großbritannien importieren. 

Neue Regelungen nach dem Brexit: Das muss der Einkauf jetzt beachten
 

Das Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU umfasst nahezu 1.300 Seiten. Folgende zentrale Aspekte betreffen unter anderem die Logistik und den Einkauf:
 

  • Zoll: Der Handel mit Großbritannien bleibt zollfrei. Da das Vereinigte Königreich aber aus Binnenmarkt und Zollunion aussteigt, stehen seit Januar Zollformalitäten und -kontrollen an. Aufgrund der Grenzkontrollen bei Einreise in die EU kann es dort zu längeren Verzögerungen kommen. Die IT-Systeme zur Grenzabfertigung müssen sich erst bewähren und die bürokratischen Anforderungen in Fleisch und Blut übergehen.
  • Logistik: Spediteure können weiter unbeschränkt beidseitig den Ärmelkanal überqueren. Britische Unternehmen dürfen aber nur noch eine Ladung in die EU liefern und eine neue aufnehmen. Bisher waren bis zu drei Stopps erlaubt.
  • Mehrwertsteuer: Seit dem 1. Januar 2021 gelten andere Vorschriften für die Entrichtung und Erstattung der Mehrwertsteuer. Dies trifft sowohl für Waren als auch für Dienstleistungen zu.
  • Umsatzsteuer: Güter, die nach Großbritannien exportiert werden, sind von EU-Umsatzsteuern ausgenommen, solange für diese ein Ausfuhrnachweis existiert. Bei der Einfuhr ins Vereinigte Königreich gelten die Umsatzsteuern Großbritanniens, sowohl für Güter als auch Dienstleistungen. Alle Importgüter unterliegen den Umsatzsteuern des jeweiligen Importlandes.
  • Arbeitserlaubnis: Fachkräfte dürfen bis zu 90 Tage in Großbritannien ohne Visum wohnen und arbeiten.
  • Erbringung von Dienstleistungen: Das Partnerschaftsabkommen sieht Regelungen für den Handel mit Dienstleistungen vor, die von der EU mit anderen industrialisierten Drittländern abgeschlossenen Abkommen entsprechen. Dienstleister aus der EU dürfen im Vereinigten Königreich nicht weniger günstig behandelt werden als britische Dienstleister und umgekehrt.
     

Das Freihandelsabkommen mit all seinen Regelungen hat zudem Einfluss auf die Vertragsgestaltung in Geschäftsbeziehungen mit britischen Unternehmen. So sollte aus den Verträgen deutlich hervorgehen, wer das Risiko bei Verzögerungen in der Lieferkette trägt, die sich aus der Zollabfertigung ergeben könnten. Ebenso sollte sich der Einkauf in Neuverträgen nicht auf einen Gerichtsstand in Großbritannien einlassen oder britisches Recht akzeptieren, da dies im Streitfall hohe Kosten nach sich ziehen könnte.