Wie ein komplett nachhaltiger Einkauf ohne Kompromisse aussieht und welche Anforderungen damit verbunden sind, erklärt Gründerin und Geschäftsführerin Esin Rager im Interview.

Frau Rager, der nachhaltige Einkauf scheint im Lebensmittelhandel derzeit schwer angesagt zu sein. Kaum ein Hersteller kommt noch ohne den Hinweis auf der Verpackung oder seiner Website aus, dass seine Produkte aus nachhaltigem Anbau stammen. Hat samova da einen Trend gesetzt?

Wir haben zumindest von Anfang an kompromisslos auf saubere, geprüfte Qualität und maximale Nachhaltigkeit beim Einkauf des Tees sowie der Verpackungen gesetzt. Das konnten wir umsetzen, weil die Wirtschaftlichkeit für uns erst einmal keine Rolle gespielt hat und der Profit auch nach wie vor nicht an erster Stelle steht. Die Kreation verschiedener Tees war für uns zunächst eher ein Projekt als eine Unternehmung.

Das hat sich mittlerweile geändert: Heute macht samova einen Jahresumsatz von rund zwei Millionen Euro. Wie können Sie bei den tonnenweise eingekauften Teeblättern und anderer Zutaten Bio-Qualität und Nachhaltigkeit weiterhin gewährleisten?

Wir kaufen den Tee nicht im Herkunftsland ein, sondern können uns auf Rohstoffhändler an unserem Standort in Hamburg verlassen, der Dreh- und Angelpunkt für den Teehandel in Europa. Die von uns ausgewählten Lieferanten haben Angestellte, die die Teeplantagen selbst mehrfach im Jahr besuchen und sich auf diese Weise von den Arbeits- und Anbaubedingungen vor Ort überzeugen. Und diese Lieferanten kaufen nur sortenreine Bio-Qualität ein von Plantagen, die alle Nachhaltigkeitsaspekte beherzigen und vertraglich garantieren.

Sie kreieren immer wieder neue Sorten mit den exotischsten Zutaten. Sind all diese Ingredienzien denn stets in bio-fairer Qualität zu bekommen?

Die Beschaffung und die Kontrolle sind teils sehr aufwendig, aber nur selten unmöglich. So sind beispielsweise Minze oder Kamille im Winter in unseren Breitengraden nicht zu bekommen, da müssen wir dann auf andere Hersteller umschwenken, die unsere Standards aber ebenfalls garantieren können. Wir haben unseren Hauptlieferanten im Laufe der Jahre auch schon gewechselt, weil sich bei diesem Unternehmen die Unstimmigkeiten häuften. Für eine Mischung wollten wir ursprünglich Jatobarinde aus Brasilien beimischen, die es aber nicht in zertifizierter Bio-Qualität gibt. Insofern haben wir darauf verzichtet und stattdessen Mate verwendet.
 

Die Beschaffung und die Kontrolle sind teils sehr aufwendig, aber nur selten unmöglich.

- Esin Rager

- Esin Rager

Tee steht oft in der Kritik, mit Pestiziden belastet zu sein. Wie können Sie im Einkauf sicherstellen, dass Ihre Tees frei von Schadstoffen sind?

Jede Zutat einer jeden Neubestellung liegt bei unserem Lieferanten zunächst einmal 14 Tage in Hamburg versiegelt in Quarantäne. Eine Probe davon wird an das Institut Fresenius geschickt, das die Partie nach einem bestimmten Verfahren auf Schadstoffe untersucht. Erst wenn von dort grünes Licht kommt, darf die Zutat weiterverarbeitet werden. Die fertigen Tee-Mischungen kommen dann nochmal ins Labor, um Verunreinigungen auf dieser Stufe des Herstellungsprozesses ebenfalls auszuschließen.

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Diese Standards sind mit vergleichsweise hohen Kosten verbunden. Die samova-Tees liegen im Verkauf im gehobenen Preissegment, obwohl Ihr Unternehmen kaum Geld für Werbung ausgibt. Muss der nachhaltige Einkauf teuer sein?

Würde die Politik umweltfreundliche Landwirtschaft stärker fördern, wären Bio-Produkte sogar günstiger als konventionelle Produkte. So aber lässt sich der Preis nicht anders gestalten. Wer im Supermarkt einen billigen Schwarztee kauft, kann über die exakte Herkunft oft gar nicht aufgeklärt werden, weil die Tees häufig von unterschiedlichen Plantagen aus unterschiedlichen Jahren stammen – vergleichbar mit billigem Wein. Dazu kommt noch, dass auch unsere Teebeutel und Folien aus vollständig kompostierbarem Material bestehen, das im Vergleich zu Kunststoff etwa das Zweieinhalbfache kostet.

Um nochmal auf die Einstiegsfrage zurückzukommen: Weicht das Alleinstellungsmerkmal der Nachhaltigkeit für samova nicht mittlerweile auf, weil auch die Konkurrenz zunehmend auf diese Aspekte achtet? Oder betreiben viele Wettbewerber lediglich Greenwashing?

Grundsätzlich freue ich mich über jedes Unternehmen, das wirklich ehrlich nachhaltig wirtschaftet. Wir geben der Konkurrenz sogar Tipps, wie das funktionieren kann. Aber natürlich gibt es in allen Bereichen der Lebensmittelindustrie Greenwashing, auch beim Tee. Die Rechnung kann sich ja jeder selber aufmachen: Eine Packung Tee, die im Supermarkt 1,99 Euro kostet, kann trotz Siegeln und Zertifikaten nicht nach denselben höchsten Nachhaltigkeits-, Qualitäts- und Kontrollverfahren produziert worden sein wie unser Premium-Bioprodukt. Denn von diesem Preis müssen ja die Händler ihren Teil bekommen, der Markeninhaber sowie die Produzenten.

Die Nachhaltigkeit ist ja zudem nicht unser einziges Alleinstellungsmerkmal. Es gibt glücklicherweise nach wie vor viele Menschen, die sagen, dass sie das Geld ganz bewusst für samova-Tee ausgeben, weil er ihnen einfach viel besser schmeckt.

 
Esin Rager

Gründerin und Geschäftsführerin von Samova