Die – mittlerweile nicht mehr ganz so neue – Philosophie vieler SEOs lautet: „Content ist König“. Würden Sie das unterschreiben?

Content ist nach wie vor eine zentrale Größe. So pauschal formuliert würde ich „Content is King“ aber nicht unterschreiben – einfach, weil die Nutzerintention mit entscheidend für den SEO-Erfolg ist. Nicht umsonst ergänzt man „Content is King“ heute um „User Intent is Queen“. Es bleibt aber dabei: Content ist für Google sehr wichtig, um die Qualität einer Webseite zu evaluieren.

Linkbuilding als Teilbereich des SEO hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung verloren. Das legt auch die mIndex Studie 2017 nahe. Kommen nachhaltige SEO-Strategien heute schon gänzlich ohne Linkbuilding aus?

Die mIndex Studie hat gezeigt, dass das Thema Linkbuilding in den vergangenen Jahren immer stärkere Einbußen zu verzeichnen hatte. Die alten Linkbuilding-Strategien, die vor allem auf Masse gesetzt haben, funktionieren heute einfach nicht mehr. Offpage-SEO mit guten Backlinks ist jedoch nach wie vor eine relevante Größe. Gerade, wenn die entsprechenden Bereiche stark umkämpft sind, lässt sich ohne gute Backlinks SEO-technisch meist nur wenig ausrichten. Auf absehbare Zeit wird Offpage-SEO daher wahrscheinlich nicht irrelevant werden. Mit der Zeit dürfte das Thema aber noch stärker auf qualitativ hochwertige Links fokussiert werden. Umso wichtiger ist es, auf seine Zielgruppe zugeschnittenen und somit teilenswerten Content auf der Webseite zu präsentieren. Bei zwei qualitativ gleichwertigen Webseiten bzw. Produkten dürften gute Backlinks sehr wohl auch in Zukunft das entscheidende Zünglein an der Waage sein.

Wie kann ein „modernes“ Linkbuilding aussehen? Worauf müssen Unternehmen bei der Wahl der Backlinks und bei der Art der Verlinkung achten?

Generell sollte man von veralteten Linkbuilding-Maßnahmen die Finger lassen. Ich würde dazu raten, sich dabei auch etwas von dem Begriff des Linkbuildings zu lösen. Grundsätzlich sollte man sich im Klaren darüber sein, wer die eigene Zielgruppe ist, wo sie unterwegs ist und wie man hier einen Mehrwert schaffen kann. Oftmals geht es dann weniger ums Linkbuilding als um Online-PR-Maßnahmen. Wichtig ist einfach, die Bekanntheit und das Vertrauen in die Marke zu steigern. Um den Bogen zum klassischen Linkbuilding zu schlagen: Wird eine Firma oder Webseite beispielsweise in einem News-Artikel erwähnt, aber noch nicht verlinkt, lohnt es, beim Verantwortlichen um eine Verlinkung auf die Firmenwebseite zu bitten. In der Regel bietet diese Verlinkung dann auch einen Mehrwert für den Leser.

Obwohl die mobile Suche mittlerweile deutlich mehr als die Hälfte des Traffics ausmacht, sind gerade mal 41 Prozent der untersuchten Webseiten responsive. Liegt das an hohen Investitionskosten oder gibt es andere Hindernisse? Wie könnte man Unternehmen eine Investition in ein Responsive Design schmackhaft machen?

Der primäre Grund für die geringe Zahl an Webseiten mit Responsive Design dürfte schlicht mangelndes Bewusstsein sein. Man liest ja immer wieder, dass der Mittelstand bei der Digitalisierung noch hinterherhinkt. Diese These ist sicherlich nicht aus der Luft gegriffen. Vielen Webseiten sieht man einfach auch an, dass sie sehr alt und meist auf eine bloße Web-Visitenkarte reduziert sind. Wer eine Webseite aber nicht als zusätzlichen Vertriebskanal ansieht, macht sich auch keine Gedanken darüber, ob sie responsive ist oder nicht.

Um das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer responsiven Webseite zu schärfen, könnte ein Hinweis auf das Google-Ranking sinnvoll sein. Früher oder später wird der Mobile First Index kommen, in dessen Rahmen Rankingsignale vor allem aus der mobilen Darstellung einer Website generiert werden – und Responsive Design ist dabei der von Google empfohlene Weg. Wer Wert auf Sichtbarkeit im Web legt und gegenüber der Konkurrenz nicht das Nachsehen haben möchte, muss die eigene Webseite daher zwangsweise auf den neusten Stand bringen – selbst, wenn der mobile Kanal für das jeweilige Unternehmen in erster Linie gar nicht so interessant sein mag.

Der mIndex nimmt auch verschiedene Branchen in den Blick. Wo gibt es hier hinsichtlich der Suchmaschinenoptimierung große Unterschiede und wie erklären Sie sich diese?

Es gibt sicherlich Branchen, die dem Online-Bereich näher sind, als andere. Zudem existieren nach wie vor genug Firmen, die auch ohne nennenswerte Webpräsenz boomen. Das betrifft insbesondere die Branchen Maschinenbau und Ingenieurwesen. Bei den Branchen Erziehung, Ausbildung & Pädagogik sowie Tourismus & Freizeit wiederum ist die Online-Präsenz hier einfach ein sehr viel relevanterer Kanal – ganz im Gegensatz zum Maschinenbau. Für diese Branchen ist entsprechend auch SEO attraktiver.

Offiziell sind Social Media Signale – etwa aus Facebook – kein Rankingfaktor. Glauben Sie daran? Wird sich dieser Umstand in naher Zukunft ändern?

Meines Wissens nach sind Social Media Signale für das organische Ranking nicht relevant. Ich denke nicht, dass sich an dieser Ausrichtung in der Zukunft etwas ändern wird. Ich glaube aber, dass Social Media ein sehr relevanter Kanal ist. Immerhin können über Social Media gewaltige Reichweiten erzielt werden. Der so gewonnene Traffic wiederum kann einen enormen Mehrwert für ein Unternehmen haben. 

Welche Tipps würden Sie Unternehmen mit hohem Optimierungsbedarf aber geringem Budget mit auf den Weg geben? In welchem SEO-Teilbereich bzw. mit welchen Maßnahmen lässt sich mit vergleichsweise wenig Aufwand am meisten erreichen?

Pauschale Ratschläge sind im SEO-Bereich immer sehr schwierig zu geben. Für die Unternehmen sollte am wichtigsten sein, dass sie sich weiterhin auf ihr Kerngeschäft fokussieren. Dringend benötigte Ressourcen sollten nicht zu Gunsten der Webseite abgezogen werden, wenn dadurch „Bottlenecks“ oder Störungen im Alltagsgeschäft riskiert werden. Wer sich entschließt, mit geringem Budget SEO zu machen, investiert am besten in eine professionelle Agentur mit einem umfassenden Audit, in dem die betroffene Website zunächst mal auf Herz und Nieren geprüft wird. So können die wirklichen Baustellen identifiziert und sinnvolle Maßnahmen abgeleitet werden. Einige dieser Maßnahmen können sicherlich auch intern umgesetzt werden.

Ist eine mIndex Studie 2018 geplant?

Ja, auch 2018 werden wir wieder eine mIndex Studie durchführen – mittlerweile unsere vierte in Folge. Wir sind schon sehr gespannt, was dabei herauskommen wird. Schließlich zeichnen sich die SEO-Trends mit jeder neuen Studie deutlicher ab.

Herr Oerter, vielen Dank für das Gespräch!