Behörden und andere öffentliche Einrichtungen gelten als lukrative Auftraggeber, denn sie bieten ein oft hohes Auftragsvolumen, und die Finanzierung ist in der Regel sicher. Im Rahmen der Auftragserteilung sind öffentliche Einrichtungen in Deutschland, Europa und anderen Staaten der Welt an die strengen gesetzlichen Vorgaben der Ausschreibungsregeln im öffentlichen Sektor gebunden. Auf diese Weise soll der Wettbewerb zwischen möglichen Anbietern gesichert und eine höhere Transparenz bei Auftragsvergaben gewährleistet werden. 

Auf den ersten Blick erscheint das öffentliche Vergaberecht aufgrund der Vielfalt an gesetzlichen Vorschriften und internationalen Vereinbarungen unübersichtlich und kompliziert. Es richtet sich aber in erster Linie an die Auftraggeber, also die öffentlichen Einrichtungen und Behörden. Dennoch sollten auch Anbieter über die wichtigen Regelungen informiert sein, um nicht durch mögliche Fehler ihren Erfolg im Ausschreibungsverfahren zu gefährden. Wir haben eine Übersicht für Sie zusammengestellt. 
 

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Die wichtigsten Informationen über öffentliche Ausschreibungen

Über diese fünf Bereiche, die wir im Folgenden näher erläutern werden, sollten Sie Bescheid wissen:
 

  1. Gesetzliche Normen, die die Vergabe regeln
  2. Schwellenwerte, die über die Anwendung der Normen entscheiden
  3. Prüfung, ob eine Ausschreibung überhaupt notwendig ist
  4. Besonderheit von Ausschreibungsregeln im öffentlichen Sektor
  5. Kriterien, die über die Auftragsvergabe entscheiden

Diese Ausschreibungsregeln sollten Sie kennen: Normen und Vereinbarungen

Neben dem nationalen Vergaberecht sind aufgrund der engen Einbindung in die EU sowie der wachsenden weltweiten Wirtschaftsverbindungen auch internationale Vergaberichtlinien zu beachten. Diese kommen in verschiedenen EU-Richtlinien und dem internationalen Government Procurement Agreement (GPA) der World Trade Organization, an dem sich neben den Staaten der EU zahlreiche andere Länder beteiligen, zum Ausdruck. Die internationalen Vereinbarungen und EU-Richtlinien sind in das nationale deutsche Ausschreibungsrecht folgender Normen eingebunden:
 

  • Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen GWB
  • Vergabeverordnung VgV
  • Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen VOB
  • Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen VOL
  • Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen VOF
  • Vergabegesetze der Länder
     

Die Anwendung der spezifischen gesetzlichen Regelungen ist abhängig von der Höhe des jeweiligen Nettoauftragswerts und von den durch die EU-Kommission festgelegten Schwellenwerten.
 

Schwellenwerte sind maßgeblich für Ausschreibungsverfahren

Die dynamischen und innerhalb der EU unmittelbar als nationales Recht geltenden Schwellenwerte bilden die Grundlage für den Umfang eines Ausschreibungsverfahrens. Ihre Höhe legt die Europäische Kommission regelmäßig alle zwei Jahre neu fest. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Vergaben in den Bereichen des Bauwesens und der allgemeinen Leistungen und Lieferungen und den Vergaben verschiedener Behörden und öffentlicher Einrichtungen. Um den möglichen Schwellenwert zu ermitteln, wird der Auftragswert zunächst geschätzt. Die Mehrwertsteuer bleibt dabei unberücksichtigt. Sofern ein Auftrag in mehrere Lose unterteilt wird, erfolgt die Ermittlung des Schwellenwerts auf der Grundlage der Summe aller Lose. Nur wenn die Gesamtsumme aller Lose bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen niedriger ist als 80.000 Euro und bei Bauleistungen eine Million Euro nicht überschreitet, kann von diesem Prinzip abgewichen werden. In diesem Fall darf der Wert jedes einzelnen Loses nicht mehr als 20 Prozent der Gesamtsumme umfassen. Die Schwellenwerte für eine europaweite Ausschreibung betragen für die Jahre 2020/2021:
 

  • 5.350.000 Euro für öffentliche Bauaufträge
  • 214.000  Euro für öffentliche Liefer- und Dienstleistungsaufträge
  • 139.000 Euro für Liefer- und Dienstleistungsaufträge der oberen und obersten Bundesbehörden
  • 428.000  Euro für Liefer- und Dienstleistungsaufträge von Sektorenauftraggebern 
     

Ist eine öffentliche Ausschreibung immer erforderlich?

Um die Flexibilität insbesondere bei der Beschaffung geringwertiger Güter oder der Beauftragung von Dienstleistungen in einem kleinen Umfang sicherzustellen, findet die Ausschreibungspflicht ihre Grenzen in den Schwellenwerten und nationalen Höchstwerten. Unterhalb dieser Werte reichen nationale oder beschränkte Ausschreibungen aus, oder es sind freihändige Vergaben möglich. Ausnahmen von der Verpflichtung zur Ausschreibung bestehen unabhängig vom Auftragswert, wenn es sich um einen begründeten Ausnahmefall handelt, zum Beispiel bei besonderer Dringlichkeit oder wenn das Erfordernis einer strengen Geheimhaltung besteht. Auch spezielle Qualitätsanforderungen können die Verpflichtung zur Ausschreibung einschränken. In diesen Fällen kann an die Stelle einer öffentlichen nationalen oder internationalen Ausschreibung eine beschränkte Ausschreibung oder eine freihändige Vergabe treten. Sobald eine in staatlichem Eigentum befindliche juristische Person des Privatrechts einen Auftrag erteilen möchte, ist sie nicht an die Ausschreibungsregeln im öffentlichen Sektor gebunden, zum Beispiel die Deutsche Bahn oder ein kommunaler, als GmbH organisierter Eigenbetrieb wie Stadtwerke oder Verkehrsbetriebe. 

Besonderheiten öffentlicher Ausschreibungsverfahren

Die Besonderheit der Ausschreibungsregeln im öffentlichen Sektor besteht darin, dass keine Möglichkeiten zur Preisverhandlung bestehen. Vielmehr sind alle Bieter gleichzubehandeln. Abhängig von der Art des Ausschreibungsverfahrens erfolgt die Veröffentlichung der europa- oder bundesweiten Ausschreibung in Tageszeitungen, Fachzeitschriften, im Internet oder in anderer öffentlicher Form. Im Fall einer beschränkten Ausschreibung werden mindestens fünf Unternehmen mit einem direkten Anschreiben zur Abgabe eines Angebots aufgefordert. Anhand der für alle Bieter gleichen Leistungsbeschreibung des Auftraggebers sind die Angebote innerhalb der angegebenen Frist verschlossen abzugeben und werden in der Behörde bis zum Ende der Frist ungeöffnet aufbewahrt. Die Öffnung aller Angebote erfolgt in einer öffentlichen Submission, an der insbesondere die Bieter teilnehmen können. Sie werden so Zeuge bei der Feststellung des preisgünstigsten Angebots. 

Der Preis allein bestimmt nicht über die Auftragsvergabe

Nach der Submission führt die auftragserteilende Behörde eine eingehende Prüfung der Angebote durch. Dabei kann sich herausstellen, dass der Auftrag nicht an den preisgünstigsten, sondern an einen anderen Bieter vergeben wird. Das trifft vor allem dann zu, wenn nicht alle Bieter den Ausschreibungsregeln im öffentlichen Sektor entsprechen, insbesondere wenn Anbieter nicht die erforderliche Eignung zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten besitzen oder der Angebotspreis in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Leistung steht.

Darüber hinaus fließen weitere Kriterien in die endgültige Vergabeentscheidung ein, zum Beispiel: 

  • Qualität und Ästhetik
  • Technischer Wert
  • Zweckmäßigkeit
  • Umwelteigenschaften
  • Lebenszyklus- und Betriebskosten
  • Rentabilität
  • Kundendienst und technischer Service
  • Liefer- und Ausführungsfristen
  • Tariftreue, Sozialstandards und Einhaltung des Mindestlohns  
     

So beteiligen Sie sich erfolgreich an öffentlichen Ausschreibungen

Für eine erfolgreiche Beteiligung an einer öffentlichen Ausschreibung ist die Einhaltung der Ausschreibungsregeln im öffentlichen Sektor auch für Sie als Bieter eine wichtige Voraussetzung. Ihr Angebot muss sich exakt an der Leistungsbeschreibung der ausschreibenden Behörde orientieren. Ein Angebot zu einem außergewöhnlich niedrigen Preis ist in der Regel nicht Erfolg versprechend, wenn Sie die Aspekte, die zu diesem Preis führen, nicht exakt belegen können. Weitere wichtige Grundlagen sind die Einhaltung der Ausschreibungsfrist und die verschlossene Abgabe des Angebots. Zu diesem Zweck enthalten die Ausschreibungsunterlagen einen Aufkleber, der zur Versiegelung des Umschlags dient. Anfragen an die Behörde sind nur bezüglich der Leistungsbeschreibung und organisatorischer Fragen zulässig. Absprachen mit anderen möglichen Bietern sind nicht erlaubt und können zum Ausschluss vom Ausschreibungsverfahren führen. Daher ist auch ein Blick auf die Konkurrenz sinnvoll, denn wenn Sie feststellen und belegen können, dass sich andere Bieter nicht ausschreibungskonform verhalten, können Sie das Submissionsergebnis möglicherweise anfechten.
 

So könnte ein Ausschreibungstext aussehen

Ausschreibungstexte orientieren sich an Mustern, die je nach Art der Ausschreibung leicht variieren. Die Bekanntmachung einer nationalen Ausschreibung nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) sollte beispielsweise folgende Informationen umfassen:
 

  • Name, Anschrift, Telefon-, Faxnummer, E-Mail-Adresse des Auftraggebers sowie ggf. Link oder Anschrift zur Einreichung von Angeboten
  • Art und Haupttätigkeiten des öffentlichen Auftraggebers
  • Art des Auftrags und Ort der Ausführung
  • Art und Umfang der zu erbringenden Leistung
  • Zeitspanne der Bauleistung
  • Frist für den Eingang der Angebote
  • Verlangte Nachweise für die Beurteilung der Eignung des Bewerbers oder Bieters
  • Gegebenenfalls geforderte Sicherheiten
  • Zuschlagskriterien und Zuschlagsfrist
  • Gegebenenfalls geschätzter Wert
  • Name und Anschrift der Stelle, an die sich der Bewerber oder Bieter zur Nachprüfung behaupteter Verstöße gegen Vergabebestimmungen wenden kann

Aktuelle Ausschreibungen finden Sie beispielsweise im Deutschen Ausschreibungsblatt oder unter bund.de.