Zwischen Statistik und Wahrscheinlichkeit: Was Berufe gefährlich macht

Wahrnehmung und Tatsachen müssen nicht zwingend deckungsgleich sein. Dies gilt ebenso, was gefahrenträchtige Berufe anbelangt. Denn obwohl verschiedene Jobs auf Außenstehende extrem risikoreich wirken, müssen sie es in der Praxis nicht unbedingt sein. Umgekehrt können harmlos wirkende Berufe tatsächlich die Unfallstatistiken anführen.

Für eine seriöse Betrachtung ist es daher nötig, verschiedene Faktoren zu eruieren und sie kombiniert zu betrachten:
 

  • Die generelle Wahrscheinlichkeit eines Berufs, darin einen irgendwie gearteten Arbeitsunfall zu erleiden.
  • Die angesichts der Tätigkeit typischen Verletzungen und ihre Schwere.
  • Die Wahrscheinlichkeit, durch einen solchen Unfall berufsunfähig oder anderweitig dauerhaft beeinträchtigt zu werden.
  • Die durch Arbeitsunfälle in einem Beruf verursachten Todesfälle.

Unterschiedliche Jobs können daher aus verschiedenen Gründen gefährlich sein. Selbst, wenn beispielsweise die Unfallzahlen eher gering sind, kann das Risikopotenzial dennoch enorm sein, wenn ein Arbeitsunfall etwa fast zwangsläufig zu schweren Verletzungen oder gar zum Tod führt.

An dieser Stelle sei beispielhaft die Kampfmittelbeseitigung genannt. Jährlich müssen hierzulande hunderttausende Stück Kampfmittel von Handwaffenmunition bis Fliegerbombe geräumt und entschärft werden. Wenn hierbei etwas passiert, sind Verstümmelungen meist das Mindestmaß.

Jedoch: Allein zwischen 2000 und 2010 gab es trotz des enormen Gefahrenpotenzials und Einsatzaufkommens lediglich 8 berufsbedingte Todesfälle in Deutschland. Relativ betrachtet ist das wenig. Zum Vergleich: 2020 gab es nur im Baugewerbe 97 tödliche Unfälle.

Das heißt, die Gefährlichkeit eines Berufs lässt sich durchaus anhand unterschiedlicher Faktoren bewerten, wodurch es hier nicht zwangsläufig eine Einheitlichkeit gibt.
 

 Von Unfallaufkommen bis Todesfälle: Die tatsächlich gefährlichsten Berufe

Aus diesen Gründen möchten wir in diesem Kapitel für statistische Betrachtungen ebenfalls diese unterschiedlichen Gefahrenarten ansprechen. Primär aufgeschlüsselt nach:

  • Zahlen aller Arbeitsunfälle
  • absolute Zahlen tödlicher Arbeitsunfälle
  • prozentualer Anteil aller Berufsausübenden bezogen auf (staatliche) Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsminderungsrente

Hierbei wird gut sichtbar, warum Berufe „unterschiedlich gefährlich“ sein, jedoch trotzdem völlig korrekt als risikoreich bezeichnet werden können. Betrachten wir hierzu zunächst die aktuellen Zahlen für Deutschland. Sie sind in der Statistik „Arbeitsunfallgeschehen 2021 aufgeführt, erhoben durch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV).

Hinweis: Die genannten Berufe sind beispielhaft.
 

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Gefährliche Branchen und Berufe nach Arbeitsunfallzahlen

(meldepflichtige Unfälle in absoluten Zahlen)
 

  • Baukonstruktion, Maurer, Zimmerleute, Steinmetze, Gerüstbauer: 48.338
  • Maschinenmechanik und -schlosserei, Maschinenbautechniker und Kfz-Mechatroniker: 42.097
  • Handel und Verkauf, Groß- und Einzelhandelskaufleute: 40.246
  • Schwer-Kraftverkehr, Bus- und LKW-Fahrer: 37.767
  • Ausbaugewerk, Fliesenleger, Stuckateure, Dachdecker: 34.449
     

Gefährliche Branchen und Berufe nach Todeszahlen

(tödlicher Arbeitsunfälle in absoluten Zahlen)
 

  • Schwer-Kraftverkehr, Bus- und LKW-Fahrer: 37
  • Baukonstruktion, Maurer, Zimmerleute, Steinmetze, Gerüstbauer: 22
  • Maschinenmechanik und -schlosserei, Maschinenbautechniker und Kfz-Mechatroniker: 16
  • Elektroinstallation und -mechanik, Elektrotechniker verschiedener Fachrichtungen: 12
  • Transport/Lagerei, Kommissionierer, Packer, Staplerfahrer: 12
     

Gefährliche Branchen und Berufe nach neu bewilligten Unfallrenten

(neu bewilligte Unfallrenten in absoluten Zahlen)
 

  • Schwer-Kraftverkehr, Bus- und LKW-Fahrer: 933
  • Baukonstruktion, Maurer, Zimmerleute, Steinmetze, Gerüstbauer: 792
  • Ausbaugewerk, Fliesenleger, Stuckateure, Dachdecker: 595
  • Maschinenmechanik und -schlosserei, Maschinenbautechniker und Kfz-Mechatroniker: 434
  • Bergbau- und Bau-Hilfsarbeiten: 417
     

Gefährliche Berufe hinsichtlich Todesfälle im globalen Ranking

(Todesfälle pro 100.000 Arbeiter weltweit, Zahlen für 2018)
 

  • Holzfäller: 111
  • Piloten und Luftfahrtingenieure: 53
  • Öl- und Gasbohrplattformarbeiter: 46
  • Dachdecker: 41
  • Abfallbeseitigungspersonal: 43
  • Eisen- und Stahlarbeiter: 29
  • Lieferfahrer: 27
  • Landwirte: 26
  • Feuerwehrleute: 20
  • Elektroleitungsinstallateure: 20
     

Statistisch nicht sonderlich gefährliche Berufe, die jedoch multiple und/oder besonders dramatische Unfall- und Todesrisiken aufweisen
 

  • Polizisten
  • Militärs
  • Kampfmittelbeseitiger
  • Stuntmen
  • Sicherheitsbedienstete
  • Fassadenreiniger
  • Industriekletterer
  • Berufstaucher (insbesondere Offshore)
  • Raubtierpfleger und Dompteure
  • Artisten
     

Gefährliche Berufe und das Thema Berufsunfähigkeit

Gefährliche Berufe „können“ körperliche Schäden bis hin zum Tod verursachen. Interessant ist es jedoch, sich diesbezüglich die generellen Daten zu berufsunfähigkeitsverursachende Faktoren im gesamten Berufswesen anzusehen. Dort nämlich dominieren Auslöser, die typischerweise nicht mit den Realitäten von riskanten Jobs zusammenhängen, sondern andere Ursachen haben.

Zudem sei unterstrichen, dass all diese Auslöser nicht nur berufsbezogen sind, sondern das gesamte Leben der Betroffenen inkludieren. Das heißt, bei den 7,8 Prozent Anteil von Unfällen beispielsweise sind alle derartigen Vorfälle involviert, nicht nur solche während der Arbeit.

Abenteuer oder Geld? Was risikoträchtige Berufe attraktiv macht

Die Zahlen aus dem vorangegangenen Kapitel dürften eines zeigen: Viele der tatsächlich gefährlichen Berufe sind nicht zwangsläufig diejenigen, die landläufig als besonders risikoreich empfunden werden. Dadurch dürften viele, die sich für derartige Jobs entscheiden, der Gefahrenträchtigkeit nur eine untergeordnete Rolle beimessen. Denken wir hierbei an die besonders todesgefährdeten LKW- und Busfahrer.  

Anders sieht es jedoch in Berufen aus, bei denen sich durch ihre Natur für Laien eine zumindest sichtbare Gefahr ergibt. An diesem Punkt finden Kampfmittelbeseitiger, Hubschrauberpiloten, Forstarbeiter, Feuerwehrleute, die Arbeiter auf Bohrplattformen und verschiedene andere Tätigkeiten zusammen.

Die Gründe, speziell solche Berufe zu ergreifen, sind vielfältig und äußerst heterogen verteilt. Allerdings lassen sich bei verschiedenen Befragungen und Analysen immer wieder einige Kerngründe ausmachen, die über das reine Interesse am jeweiligen Beruf hinausgehen:
 

  • Altruismus: Hierbei steht der Gedanke im Raum, durch die Tätigkeit einen besonderen Beitrag zu leisten. Hierzu gehören auch Gedankengänge wie „Irgendjemand muss es schließlich machen“.
  • Anerkennung: Praktisch allen Menschen, in als gefahrvoll betrachteten Berufen, wird von außen Anerkennung zuteil. Besonders groß ist dies bei Berufen, die als altruistisch/philanthropisch empfunden werden; etwa Feuerwehrleute.
  • Andersartigkeit: Einige der genannten Berufe sind eher außergewöhnlich und dadurch für manche Charaktere interessant, die das Besondere suchen.
  • Nervenkitzel: Längst nicht für jeden, aber doch für eine gewisse Zahl von Ausübenden steht der Nervenkitzel durchaus im Vordergrund.
  • Philanthropie oder Patriotismus: Diese Einstellungen sind häufig mit altruistischen Gedanken verbunden. Der Beruf wird ergriffen, um Mitmenschen oder seinem Land einen Dienst zu erweisen.
  • Geld: Einige Risikoberufe werden ausnehmend gut bezahlt. Entweder generell oder bezogen auf die Notwendigkeit zu physischer und/oder psychischer Arbeitsleistung oder das nötige Bildungsniveau.
     

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Über die eigene Haut hinaus: Welche Risiken drohen – und wie sie sich minimieren lassen

Arbeiten in einem Beruf, in dem es eine recht hohe Wahrscheinlichkeit dafür gibt, sich zu verletzen, berufsunfähig zu werden oder sogar den Tod zu finden: Diese drei Risiken stellen zwar den Kern dar. Häufig allerdings gehen aufgrund dieser Tatsachen noch weitere Nachteile einher. Diese sind nicht zwingend unmittelbar körperlicher Natur, aber nichtsdestotrotz vorhanden.

Auffällig ist hierbei der staatlich-deutsche Mangel an Absicherung. Zwar greift bei Arbeitsunfällen die gesetzliche Unfallversicherung. Jenseits davon existieren jedoch dramatische Lücken. Die staatlichen Leistungen für Hinterbliebene etwa sind als dürftig zu bezeichnen. Noch stärker wirkt das Thema Arbeits-, Berufs- und Erwerbsunfähigkeit. Nicht nur ist die staatliche Erwerbsminderungsrente typischerweise sehr gering, sie wird zudem bei etwa der Hälfte aller Anträge verwehrt.

Viele Menschen in Risikoberufen wählen deshalb eine Berufsunfähigkeitsversicherung als zusätzliche Absicherung. Diese leistet deutlich kompromissloser und zahlt in der Regel ungleich mehr. Selbst, wenn sich die Beitragshöhe naturgemäß nach dem jeweiligen Berufsrisiko bemisst, so ist dennoch im Fall der Fälle wenigstens ein Erhalt des Lebensstandards gesichert.

Ferner werden die meisten der hier erwähnten Berufe durch äußerst stringente Ausbildungsvorgaben und nicht zuletzt berufsgenossenschaftlichen und/oder gesetzliche Zwänge begleitet.

Das bedeutet: Wer in diesen Jobs arbeiten will, muss verschiedenste Befähigungen nachweisen und ist unter anderem im Berufsalltag ständig dazu verpflichtet, verschiedenste Vorgaben zu beachten, durch die die Risiken abgemildert werden. Dies reicht bis zu solchen nebensächlich wirkenden Details wie die zum Absichern bei Höhenarbeiten gestatteten und verbotenen Knoten.

Bei vielen dieser Berufstätigen wirkt sich die Tätigkeit jedoch auf das gesamte Leben aus. Einige typische Beispiele hierfür:
 

  • Je nach Charakter wird die eigene Psyche dadurch belastet und die Stimmung gedrückt.
  • Beziehungen und das Familienleben leiden häufig unter der Tatsache, dass im Grunde jede Verabschiedung zu Arbeitsbeginn die letzte sein könnte.
  • In einigen Risikoberufen herrscht ein starker Korpsgeist vor, der mitunter zu einer Blockadehaltung gegenüber Außenstehenden führen kann.
  • Gerade bei Menschen, die aus altruistischen bzw. philanthropischen Gründen den Beruf ergreifen, entsteht oftmals Ernüchterung durch das Gefühl, von der Gesellschaft nicht genügend Anerkennung zu erhalten.

Erneut spielt hier die unterschiedliche Wahrnehmung von Jobs hinsichtlich ihres Gefahrenpotenzials eine Rolle. Viele Außenstehende wissen schlicht nicht, wie riskant bestimmte Berufe tatsächlich sind, wodurch vielfach ein falsches Bild entsteht.

Kein Fall von Feigheit: Persönliche Ausschlusskriterien für Risikoberufe

Jeder Berufstätige kann sicherlich verschiedene eigene Gründe anführen, warum er sich für eine bestimmte Ausbildung oder Tätigkeit entschieden hat. Angesichts dieser Tatsache wird Menschen in Risikoberufen häufig attestiert, besonders mutig zu sein und in gefährlichen Situationen furchtlos zu handeln.

Im Umkehrschluss wird Menschen, die theoretisch und praktisch einen riskanten Beruf ergreifen könnten, es jedoch nicht tun, häufig ein Mangel an Mut vorgeworfen. Das geschieht oftmals im eigenen Umfeld und mündet nicht selten sogar in Selbstvorwürfen: „Ich bin zu feige, um diesen Job zu machen, also bin ich ein schlechterer Mensch als diejenigen, die es tun.“

Solche Gedankengänge können gefährlich sein. Denn sie können dazu führen, Berufe zu ergreifen, ohne es wirklich zu wollen oder die mentalen Voraussetzungen dafür mitzubringen; lediglich aufgrund von eigenem oder gesellschaftlichem Druck. Dadurch steigt die Gefahr, während der Arbeit einen Unfall zu erleiden, stark an.

Grundsätzlich sollte jeder deshalb Folgendes bedenken: Jeder sollte völlig frei für sich entscheiden, welchen Beruf er weshalb ausübt. Sich davor zu fürchten, im Job verletzt oder gar getötet zu werden, ist völlig normal, menschlich und individuell unterschiedlich stark ausgeprägt. Hierbei spielen unzählige Faktoren eine Rolle, unter anderem Punkte wie
 

  • die Gefahreneinschätzung aufgrund des Alters (jüngere Menschen tendieren dazu, diesbezüglich sorgloser zu sein),
  • freundschaftliche und familiäre Strukturen und Bindungen und nicht zuletzt
  • der eigene Charakter.

Niemand ist deshalb feige, weil er nicht Polizist werden, Dächer decken oder untertage arbeiten will. Wer etwa seine Ehe nicht durch einen gefahrvollen Job belasten möchte, der hat allen Grund, in einem anderen Feld zu arbeiten. Hierbei gibt es kein Richtig oder Falsch. Jeder Beruf ist gleichermaßen ehrenwert, den jemand aus Überzeugung ausübt.

Diesbezüglich sollten Arbeitgeber in diesen Feldern stets besonders aufmerksam für die Belange ihres Teams sein: Wer sich beruflich in Gefahr begibt, der sollte dies nur von sich aus wollen.